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.Und bald, wenn sich ihm alle Geheimnisse der Schatten offenbart hatten, würde er selbst zum Meister werden.Oh, wie er innerlich triumphierte.Er war dabei, jenen Weg zu beschreiten, den er schon immer hatte gehen wollen.So wie es seine Bestimmung gewesen war.Dabei wusste er selbst nicht viel über sich.Nur, dass seine Mutter ihn einst als kleines Kind ausgesetzt hatte.Ein zweijähriger Knabe mit tätowierten Armen und einem lateinischen Namen im Nacken: Cassus.Und das war er auch gewesen: leer.Bis er begonnen hatte, sich für die Zeichen zu interessieren, mit denen man ihn so früh gebrandmarkt hatte.Und kaum dass er erkannt hatte, dass es sich um die Symbole der Schattenkundigen handelte, hatte er versucht, in ihre Reihen aufgenommen zu werden.Doch sie hatten nur über ihn gelacht und ihm hochmütig die Tür vor der Nase zugeschlagen.Bis sein Meister ihn gefunden hatte.Und nun standen sie gemeinsam an der Schwelle einer neuen Zeit, kurz davor, das fürchterliche Erbe George Ripleys zu entfalten und die Welt in ihren Grundfesten zu erschüttern …John DeeALCHIMIA UMBRARUM (1604)Kapitel IX(Seite 93 f.)VON DEN SCHATTENFRESSERNDieses Kapitel soll dir eine der verdammenswertesten Launen der Schatten vor Augen führen, die jeder Eingeweihte, der nicht um seine unsterbliche Seele besorgt ist, sich zunutze zu machen vermag.Es ist nämlich so, dass im Inneren des Schattens Raum für unzählige Dinge ist.Derweil die Schatten der gewöhnlichen Menschen sich im Laufe eines Lebens mit Wissen und Erfahrung füllen, ist der Schattenmagier fähig, seinem Schatten mehr als bloß das einzuverleiben.Hierfür muss er allein Skrupel und Furcht überwinden, die Gier in seinem Schatten wecken und ihn lehren, sich schwächerer Schatten zu bemächtigen.Gelingt ihm dies, wird das Abbild des Magiers am Ende sein, was die Wissenden einen Schattenfresser nennen.Und er wird sich ernähren von fremden Schatten, wird sie brauchen, um seinen Hunger zu stillen.Viele Jahre der Übung bedarf es, den Hunger des eigenen Schattens zu kontrollieren.Denn nicht weniger ist der Schattenfresser als ein wildes Tier, und wer den Hunger seines Schattens weckt, wird ihn fortan auch stillen müssen.Kaum erwacht, wird der Schattenfresser fremde Schatten von den Füßen ihrer Herren rauben, sie sich einverleiben, sie aus dem ewigen Kreislauf des Limbus reißen, und ihre Herren werden fortan ohne Seele sein.Die Tage aber, in denen die wilden Clans archaischer Schattenfresser die Steppen auf der Jagd nach Opfern durchstreiften, sind lange vorbei, die Schattenfresserei ist längst schon verboten durch die Gesetze des Rates, dessen strenges Auge über die Welt derer wacht, die in den Schatten wandeln.8.Invata de la umbra sa taci si sa veghezi.(Lerne vom Schatten zu schweigen und aufzupassen.)Rumänisches SprichwortSelbst mich, der ich die Geheimnisse der Schatten kenne und im Lauf der Jahrhunderte die wunderlichsten Dinge gesehen habe, hatte der Angriff des Henkers überrascht.Es waren gerade einmal sieben Jahre, die ich und mein Herr miteinander verbracht hatten und in denen wir nichts getan hatten, was den Zorn des Rates auf uns hätte ziehen können.Und nun sandten sie ihren Henker aus.Ohne zuvor Kontakt aufgenommen oder in Erfahrung gebracht zu haben, was mich dazu bewegt hatte, ihre Gesetze zu brechen.Sie interessierten sich weder für Jonas noch für mich, scherten sich einzig um das, was sie als Gleichgewicht bezeichneten.Was für edle und gelehrte Geister und wie viele magische Künste hatten sie in seinem Namen zerstört.Sie verbannten die hohe Schattenkunst der Alten wie die von Moses, Aaron und den chaldäischen Magiern aus dem Kanon des menschlichen Wissens, legten die Alchemie in Ketten, verbündeten sich gar mit der Kirche und verbrannten am Ende mit ihrem Segen die eigenen Gegner als Ketzer.Als sie Giordano Bruno auf den Scheiterhaufen brachten, hatten sie ihm die Zunge gebunden und den Schatten geraubt, und als sie Kaspar Hauser erstachen, den armen Knaben, in den sich ein Schatten verirrt hatte, da taten sie es mit einer magischen Klinge.Mir graut, wenn ich der Zahl der schattenkundigen Frauen, der Gelehrten und Alchemisten gedenke, die allein der unheilige Hexenhammer zerschmetterte.Vergiftet hat der Rat die Welt mit seinem Gleichgewicht, und rot gefärbt hat er die Schatten.Und nun forderte er mit meinem Herren ein weiteres Opfer.Er würde dem Gleichgewicht nicht zum Opfer fallen!Nicht, wenn ich es verhindern könnte …Nach dem Angriff im Garten war nichts mehr wie zuvor.Allein der Anblick seines Schattens machte es Jonas unmöglich, die Vorfälle zu vergessen.Das Fehlen des kleinen Stücks, das die Fänge des Henkers aus ihm herausgerissen hatten, ließ ihn unvollständig wirken und erinnerte den Jungen an die schmerzliche Verwundbarkeit seines Schattens.Zudem waren da die Gedanken des Angreifers, jene Namen, die Jonas aus dessen Inneren vernommen hatte.Das Eidolon.Ripley.Er hatte gespürt, was für eine Macht ihnen innewohnte, und er wollte verstehen, was dahintersteckte.Er befragte seinen Schatten, dessen Wissen jedoch plötzlich wie versiegt schien … Doch es gab noch so viele andere Fragen, auf die der Schatten Antworten besaß.Zwei Nächte lag Jonas Mandelbrodt wach und sprach mit seinem Schatten.Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Henker es wieder wagen würde.Vermutlich würde es ein wenig dauern, da der Vorstoß ihn geschwächt hatte.Doch Jonas hatte schmerzlich erfahren müssen, dass die Zeit der Ruhe vorbei war und jemand ihm nach dem Leben trachtete.Ein Tag nach dem Vorfall hatten sie Argos im Garten begraben.Werner hatte das Loch geschaufelt, die Großeltern hatten von der anderen Seite des Zaunes zugeschaut und Ruth hatte ihren Sohn und Norman im Arm gehalten.Und dort, am Grab des Hundes, hatte Jonas begriffen, dass er die wenigen Freunde, die er hatte, durch seine Andersartigkeit in Gefahr brachte.Am selben Abend erzählte sein Schatten Jonas Mandelbrodt vom Wesen des Rates, von den Häschern, die er fortan aussenden würde, und auch von Ambrì erzählte er, jenem kleinen Ort im Tessin, am Fuß des Gotthard.Dieses Dorf lag während des Winters mehrere Monate im Schatten der Berge.Es war der einzige Ort, an dem sie beide jetzt, da der Rat die Jagd auf sie eröffnet hatte, noch sicher sein würden.Der Junge verstand, was sein Schatten ihm sagen wollte.Dass er, wenn er Norman und seine Mutter schützen wollte, fortgehen musste.Er dachte an das unbeschwerte Lachen seines Freundes, das wache Auge des treuen Argos und an seine Mutter, die ihn auf ihre Art liebte …Schweren Herzens, aber klaren Verstandes fällte Jonas Mandelbrodt eine Entscheidung
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