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.Ich ging mit meiner Frau in die gleichen Theaterstücke und versuchte, die gleichen Plätze zu bekommen.Wir sahen Schnitzlers Reigen in der gleichen Loge.Ich saß wieder auf dem erhöhten Hocker und blickte in den Logenspiegel.Ich glaubte, Lauras Haare zu sehen.Dabei hatte ich den Eindruck, daß sie die Augen geschlossen hielt.Schlief sie? Dachte sie an mich? Ich berührte sie sanft am Hinterkopf.Es war eine leichte, sehr zärtliche Geste.Sie drehte sich zu mir um und blickte mich an mit den großen blauen Augen meiner Frau.Nachts lag ich auf der gleichen Seite des Doppelbettes.Meine Frau hatte die Matratzen ein wenig auseinandergezogen, so daß ein kleiner Graben entstand, eine symbolische Handlung, die eine erstaunlich magische Kraft besaß.Ich traute mich kein einziges Mal, den Arm über diesen Graben zu strecken und sie zu berühren.Meine Frau wurde krank.Eine Virusgrippe, glaubten wir damals.Heute neige ich zu der Ansicht, daß ihre Krankheit die Folge meines Versuchs war, sie zum Bestandteil einer Fälschung zu machen.Sie blieb im Bett und schlief nun auch tagsüber viel.Es gehe ihr nicht schlecht, beteuerte sie immer wieder.Sie sei nur unendlich schwach, und sie genösse es, in diesem Raum krank zu sein.Die Vorhänge blieben zugezogen.Sie hatten das gleiche Grün wie die Vorhänge meines eigenen Zimmers.Im Unterwasserlicht, das den Raum füllte, trieb meine Frau durch ihren Halbschlaf und ihre Träume.Ich versorgte sie liebevoll, stellte ihr Obst ans Bett, beschaffte ihr Bücher, in denen sie mehr blätterte als las.Dann ging ich fort, allein durch die Straßen, durch die ich mit Laura gegangen war, trank nun allein meine Melange in unseren Cafés auf meinem alten Stuhl, in Lauras imaginärer Gegenwart.Ich hatte noch einmal mit ihr telefoniert.Es war kurz nach Weihnachten.Laura war, wie ich wußte, für eine Nacht in ihre Wohnung zurückgekehrt auf der Reise von ihren Eltern nach Australien.Während unseres kurzen Gesprächs war mir ihre Stimme fremd vorgekommen.Ich sagte ihr, daß ich sie liebe.Sie nahm es schweigend zur Kenntnis.Dann gab ich ihr die Telefonnummer des Hotels in Wien, und sie versprach, vom anderen Ende der Welt aus anzurufen.Nun lauerte ich darauf.Sie kann nur heimlich anrufen, überlegte ich.Von einer Telefonzelle aus, frühmorgens, wenn sie einkaufen geht.Ich berechnete die Zeitverschiebung und kam zu dem Schluß, daß später Abend die wahrscheinlichste Tageszeit für eine Kontaktaufnahme war.Ich wartete jeden Abend von zehn bis zwölf.Das Telefon stand auf dem Fensterbrett, halb verdeckt vom Vorhang, der ein wenig ins Zimmer hineinwehte, weil ich auf Wunsch der Kranken das Fenster geöffnet hielt.Ich saß in einem Ohrensessel und starrte das Telefon an.Ich dachte bald nichts mehr.Auch verlor ich das Zeitgefühl.Es war ein Zustand wie in Trance.Reines Warten, das den Bezug zu seinem Gegenstand genauso verloren hatte wie zu dem Wartenden selbst.Meine Frau lag im Bett und schlief.Sie hatte die Decke bis zur Nasenspitze hochgezogen.Sie glich einer Toten.Auch in mir war nicht viel Leben, nur dieses Warten, das die Zeit zum Stillstand brachte.Es kam vor, daß ich in meinem Sessel einschlief.Doch meist ging ich nach zwölf noch einmal hinunter in ein nahegelegenes Café.Auch dort hielt die Trance an.Ich blickte über den Rand meiner Halbbrille ins Lokal, sah die Mäntel wie Schattenwesen des Hades an den Garderobenständern, winkte mit einer müden Handbewegung einen der lautlosen Kellner herbei, sah diese Unterwelt in den großen Spiegeln, in denen alles schräg abwärts geneigt noch einmal vorhanden war, so daß man fürchten konnte, dieses ganze trübe Interieur müßte gleich ins Nichts abrutschen wie von einem ungeschickt gehaltenen Tablett.Ich trank Bier und Wacholderschnaps und sprach leise mit mir selbst.‘Laura’, flüsterte ich.‘Warum bist du so weit weg.’ Ich raschelte mit Zeitungen, ohne sie zu lesen.Wenn ich zahlte, gab ich überhöhte Trinkgelder.Einmal schrieb ich hier einen Brief an meine Geliebte.Vergeblich suchte ich nach Formulierungen.Schließlich holte ich einen Stapel Zeitungen und suchte in den Artikeln nach passenden Worten.Alles, was ich sagen wollte, war irgendwo in diesen Blättern versteckt.Das Wort Liebe tauchte in jeder Zeitung auf.Ich schrieb ‘Laura’.Als ich mir diesen Namen vorsprach, entdeckte ich, daß es keine Stelle in ihm gab, bei dem die Lippen sich berührten.Der Mund blieb halb geschlossen.Ich mußte an die Gentildonna denken.Vielleicht hatte sie der Maler in dem Augenblick festgehalten, in dem sie ihren Namen sprach [ Pobierz całość w formacie PDF ]