[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.»Nee …«, brummelte der Unteroffizier und sah an Thomas vorbei, »alles in Ordnung zu Hause … Prima, bestens …! Schwester im Bombenschutt, Mutter im Krankenhaus, Vater allein … und die Alte, dieses … dieses …«, er sprach, als hätte er über den Satz so lange nachgedacht, daß ihn seine Lippen schon selbständig formten, »ist im Luftwaffen-Erholungsheim Kitzbühel … mit 'nem jungen Fliegeroffizier …«»Bißchen viel auf einmal …«, Thomas nickte mit schwerem Kopf.»Wird sich schon geben …«Dann dachte er an Luise und an seine Eltern, und er verglich sein persönliches Geschick mit dem des Rübenkopfes, und jetzt beneidete er den Unteroffizier, wie dieser zuvor den langen Maier, denn es stirbt sich verdammt viel leichter, wenn es zu Hause drunter und drüber geht, als wenn sie auf einen warteten und bis zuletzt hofften, und noch darüber hinaus …»Diese … diese Dirne! Diese Schlampe!« Putzke kaute schwer an den Worten.»Ich möchte einmal noch nach Hause kommen, bloß für zehn Minuten … um mit ihr abzurechnen … sonst gar nichts …«»Sei doch froh, daß du sie los bist«, antwortete der Kompanieführer, betont leicht, und ging zu seinem Gefechtsstand zurück.Es gelang ihm wieder, seine Gedanken so abzuschalten, wie er es seinen Leuten beizubringen versuchte.Denn sie sollten geduldig hintereinander anstehen und auf den Tod wie auf einen überfüllten Omnibus warten, statt sich in wilder Panik hineinzudrängen.»Oberstleutnant Tollsdorf!« meldete ein Vorposten.Der Kommandeur kam ganz allein, wie es seine Art war, schon von weitem zu sehen, die große, hagere Figur mit dem Vogelkopf, so lässig durchs Gelände latschend, daß er den Russen ein Ziel bot, und deswegen jeden seiner Leute zusammengebrüllt hätte, die Feldmütze schräg auf dem Kopf, mit leicht angewidertem Gesicht über Tote, Trümmer, Schutt und Ratten gehend, wie mit Handschuhen, die er sich über sein Bewußtsein gezogen hatte.Er trug einen zerschlissenen Lederpaletot und ein kaltes Lächeln zur kalten Pfeife im Mund.Er nickte den Landsern zu und fragte, als hätte er ein Extraschicksal: »Na, wie geht's?«Keiner gab ihm eine Antwort.»Gesprächig seid ihr nicht«, brummelte der Oberstleutnant.Dann ging er auf Leutnant Kleebach zu, der ihm statt Meldung zu machen bloß zunickte und dann spöttisch fragte: »Bringen Sie mir Verpflegung oder Munition, Herr Oberstleutnant?«»Nee«, feixte der Vogelkopf über dem Ledermantel.Dann griff Tollsdorf in die Tasche, kramte etwas hervor und drückte es Thomas in die Hand.»Ich bringe Ihnen die Beförderung zum Oberleutnant, Kleebach«, sagte er huldvoll und überreichte ihm die Schulterstücke mit dem Stern, die er weiß Gott wo aufgetrieben hatte.Dem jungen Offizier fehlte das Verständnis für das Makabre.»Was soll ich damit?« fragte er gereizt.»Von mir aus fressen Sie die Schulterstücke«, versetzte Tollsdorf lächelnd, »falls Sie Hunger haben sollten …« Dann sah auch er einen Moment ins Leere.Sein Blick glitt über die deutsche Stellung, von da hinüber zu den Russen.Seine gute Laune erfuhr eine kurzfristige Eintrübung, und er schnitt eine Grimasse.»Schade, Kleebach«, sagte er, »ich hätte Sie gerne mit Ihrem Sauhaufen noch in dieser Stellung gelassen … aber ich brauche ihn für Spezialaufgaben … zur Aufrechterhaltung der Ordnung, als 'ne Art Feldpolizei … erschrecken Sie nicht, Meister …« Er steckte seine kalte Pfeife weg, hielt eine Zigarette in der Hand, betrachtete sie nachdenklich, brach sie in der Mitte auseinander und gab nach kurzem Zögern dem frischernannten Oberleutnant das etwas kleinere Stück.Er reichte Thomas Feuer und dann lobte er ihn.»Weiß nicht, wie Sie das machen, Kleebach«, sagte er, »Sie kochen doch auch bloß mit Ruhr-Wasser … und trotzdem sind Ihre Kerle noch in Ordnung …« Thomas dämpfte die Stimme.»Ich suggeriere ihnen Hoffnung«, antwortete er.»Aber das tun wir doch alle«, entgegnete Oberstleutnant Tollsdorf.»Na, vielleicht lüge ich dann besser«, versetzte Kleebach gereizt.»Schade«, erwiderte der Kommandeur, und sein Vogelgesicht grinste wieder, »für 'ne Laufbahn im Propagandaministerium ist es leider jetzt zu spät … Wenn die Ablösung da ist, melden Sie sich bei mir mit Ihren müden Kriegern.« Er tippte mit gespreizten Fingern an den Mützenrand, richtete sich auf und stapfte gleichmütig aus der Stellung, bot den Russen seinen Rücken als klares Ziel, aber sie taten ihm den Gefallen nicht.Er merkte es, zuckte die Schultern und ging langsam weiter.Eine Stunde später kam die Ablösung.Kleebachs Leute vom rechten Flügel kamen zuerst zurück, auf der linken Seite mußten die Neuen erst noch eingewiesen werden.»Putzke!« befahl Oberleutnant Kleebach.Aber der Unteroffizier war verschwunden ohne sich abzumelden.»Wo steckt er denn?« fragte er einen verbiesterten Stabsgefreiten.»Weeß ick nich … is weggegangen …« Er deutete in Richtung des verfallenen Kellers.Der Kompanieführer schaltete sofort.Thomas überkam schon müde Gleichgültigkeit.Was soll's? dachte er, warum sollten sie sich nicht erhängen oder erschießen, bevor sie hier verhungern oder erfrieren? Keiner kommt hier durch, keiner hat eine Chance, und da ist es doch besser, sie bringen es so schnell wie möglich hinter sich … ich führe doch keine Truppe, ich verwalte bloß den Heldentod, und wenn sich einer vordrängeln will, na bitteschön … Dann nahm er sich wieder zusammen, zeigte die Haltung, die er von seinen Leuten verlangte.Vielleicht kommen die Ju's doch noch einmal durch, überlegte er, vielleicht wird einer verwundet noch herausgeflogen oder überlebt in einem russischen Kriegsgefangenenlager den Krieg, und vielleicht hätte ausgerechnet Unteroffizier Putzke, der Rübenkopf, diese Chance …Oberleutnant Kleebach ging vorsichtig auf den Keller zu, nahm ungesehen die Tür, schob sich sichernd weiter, wartete einen Moment, bis sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, hörte das Geräusch rechts, folgte ihm und sah den Rübenkopf.Der Unteroffizier stand nur ein paar Meter neben ihm.Sein Gesicht war nicht blass, sondern gerötet, und es wies eine Entschlossenheit aus, so stark, daß Kleebach ihn nicht anrief, sondern einen Moment lang mit mehr Spannung als Teilnahme das Vorhaben Putzkes verfolgte.Der Mann hatte den Waffenrock ausgezogen, das Hemd hochgekrempelt und um die Haut einen Lumpen gewickelt und den ausgestreckten linken Arm auf ein Stück Mauer gelegt
[ Pobierz całość w formacie PDF ]