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.Mit der Bibel war er immerhin so vertraut, dass er sie zugunsten der absurdesten Behauptungen falsch zu zitieren wusste; er erinnerte sich an die abwegigsten Fragmente wissenschaftlicher Fakten und Fiktionen, die er zwar nicht richtig verstand, aber oft genug wiederholte, bis er sie zu verstehen meinte.Seine Wahrheiten waren in Wirklichkeit ebenso oft eingeübt worden wie seine Lügen – und ebenso unzuverlässig.Eine seiner beliebtesten Ansichten – die nicht nur auf Gelesenem, sondern auch auf eigenen Erfahrungen beruhte – war jene, dass Hunde so intelligent seien wie Menschen.Er erzählte von den Schäferhunden, die er während seiner Zeit in der Luftwaffe kennengelernt hatte, Hunde, denen man alles antrainieren konnte, sogar etwas, das ihren Interessen zuwiderlief und nicht gerade ihrer Natur entsprach.Er habe damals selbst einen Hund gehabt, behauptete er, und dieses Tier sei das einzige lebende Geschöpf gewesen, auf das er sich in jeder Lage verlassen konnte.»Dem Hund hätte ich mein Leben anvertrauen können«, pflegte er zu sagen.»Und das ist mehr, als man von den meisten Menschen behaupten kann.«Alle Männer seines Bekanntenkreises stimmten dem zu, auch wenn sie selbst keine Hunde hielten.Diese Auffassung gehörte zum Kanon ihrer festen Ansichten: Hunde waren treu und klug, Frauen launisch, Kinder eine Last, Manager korrupt, Gewerkschaftler auf den eigenen Vorteil bedacht und kluge Leute nicht unbedingt übel, nur war man mit ein bisschen gesundem Menschenverstand meist besser dran.Folglich überraschte es niemanden, als er sich, nachdem er wochenlang darüber geredet hatte, tatsächlich einen Hund zulegte.Die einzige Überraschung war die Rasse.Margaret hatte angenommen, er würde sich einen Schäferhundwelpen besorgen; sie hatte sogar gehofft, er wäre so vernünftig, sich ein kleines, umgängliches Tier anzuschaffen, vielleicht eines, vor dem sie oder ihre Kinder keine Angst zu haben brauchten, wenn sie in sein Haus ging, um zu putzen oder die schmutzige Wäsche zu holen.Die Nachbarn hatten auf einen Hund gehofft, um den er sich kümmern konnte; Matt von nebenan schlug einen schottischen Terrier vor.Und sein Freund Alan, der ein Stück die Straße rauf wohnte, hatte ihm sogar einen Welpen aus einem Wurf seiner Hündin angeboten, einen fast reinrassigen Spaniel.Doch mein Vater war irgendwann zu der Auffassung gelangt, dass der richtige Hund für ihn nur ein Dobermann sein konnte, ein in seinen Augen angemessener Gefährte für einen Menschen wie ihn, und genau den hat er sich dann auch besorgt, einen Dobermann.»Ein schöner Hund«, sagte er, als Margaret ihm Vorhaltungen machte.»Der hat vor nichts Angst.«»Aber er ist zu groß«, hielt sie dagegen.»Es ist doch grausam, einen Hund wie den da in einem so kleinen Haus zu halten …«»Er bekommt reichlich Auslauf«, erwiderte mein Vater.»Ich gehe jeden Tag mit ihm spazieren.«»Ein solcher Hund braucht mehr als einen Spaziergang um den Platz«, entgegnete Margaret.»Das ist ein großer Hund, der will sieben, acht Kilometer über Land laufen …«So stritten sie stundenlang, dann tagelang, aber es half nichts.Mein Vater hatte sich einen Hund besorgt – er nannte ihn Prinz, wie sonst –, und er würde ihn nicht zurückgeben.Für ihn war gutes Geld bezahlt worden, und er wollte ihn trainieren, so wie die Hunde der RAF.»Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben«, versicherte er Margaret, »falls du dir deshalb Sorgen machst.Ein Hund ist immer nur so gut oder so schlecht wie sein Herrchen.Wenn ich ihn erst abgerichtet habe, merkst du kaum noch, dass er im Haus ist.Die Mädchen werden ihn lieben.So ein Dobermann ist eigentlich ein hervorragender Familienhund, das wissen die meisten Menschen nur nicht.Man muss dem Tier bloß klarmachen, wer das Sagen hat.«Er trank noch so viel wie eh und je, doch hatten sich seine Gewohnheiten geändert.Er hatte den Umgang mit Alkohol verfeinert, ihn zu hoher Kunst destilliert und ein nahezu perfektes Gleichgewicht zwischen Amnesie und Askese gefunden.Mich überrascht auch heute noch, dass man Trunksucht für eine Form der Zügellosigkeit, ein Vergnügen oder Laster halten kann, wenn es doch für Männer wie meinen Vater – und für Männer wie mich – ein Instrument der Selbstverleugnung ist.Der wahre Trinker trinkt nicht, weil er sich berauschen will, so wenig wie der echte Spieler um des Geldes willen spielt: Alkohol, Spielsucht, Drogen, dabei geht es um spirituelle Übungen, um eine perverse, hausgemachte via negativa, auf der ihre Gefolgsleute ohne Hoffnung und Verlangen einer selbst verantworteten Hölle entgegeneilen.Auf dieser Straße und in dieser Verfassung versinkt der Geist in allerlei seltsame, mysteriöse Betrachtungen; Kategorien des Wissens und Könnens werden zur Zuflucht vor der alltäglichen Welt, die ihn, wenn er nicht aufpasst, jeden Moment ins Freie locken könnte
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