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.Diakon Moody war fast jeden Tag am Grassmarket, ob es schönes Wetter war oder nicht.Der Saum seiner schwarzen Robe schleifte durch den Unrat; er predigte allen, die zuhörten, das Evangelium, und nahm sämtliche Almosen an, die er bekam – Geld, Essen oder vorzugsweise Bier.Niemand schien mit Sicherheit zu wissen, ob Moody einst ein richtiger Diakon gewesen war, aber ich hörte ein paarmal Gerüchte, dass er wirklich einer gewesen war, aber eine schreckliche Tat begangen hatte und vor Jahren aus der Kirche ausgestoßen worden war.Wie nun auch die Wahrheit aussah, die Menschen, die auf Edinburghs Straße lebten – und in den dunklen Katakomben darunter – kamen oft zu Diakon Moody und baten ihn, den Ritus der Eheschließung zu vollziehen oder ein Neugeborenes zu taufen oder die Beichte abzunehmen, wenn der Bedürftige den Tod nahen fürchtete, denn Leuten wie ihnen blieben die Türen der Kirchen verschlossen.Moody bat auch nie um eine Entschädigung für diese Handlungen, so sehr er auch anderweitig nach milden Gaben suchte, und das ließ mich glauben, dass die Geschichten über ihn der Wahrheit entsprachen.»Wohin willst du, Junge?«, fragte Diakon Moody an einem Herbstabend, als er mich dabei erwischte, wie ich über den Grassmarket lief.Seit fast vier Jahren hatte ich am Tag auf den Straßen der Stadt gelebt und war in der Nacht auf dem Friedhof Greyfriars gestorben.»Nirgendwo«, sagte ich.Das war durchaus die Wahrheit.Ich hatte kein Ziel im Sinn, zu dem ich wollte, sondern lief von etwas fort: einer Treppe, die den Grassmarket mit der High Street verband, wo ich gerade einem Mann den Geldbeutel gestohlen hatte.Für gewöhnlich ließ ich mich nie zu solch dreistem Diebstahl hinreißen, aber der Geldbeutel war voll und schwer gewesen und hatte einer reifen Frucht gleich vom Gürtel des Mannes gebaumelt.»Wenn du nirgendwo hingehst, dann hast du auch Zeit, einen Moment mit mir zu plaudern«, sagte Moody; seine Stimme und sein Atem verrieten, dass er viel getrunken hatte.Nebel setzte sich auf seine schwarze Robe und befeuchtete sein graues Haar.»Nun sag mir, Junge, hast du weiter über dein Seelenheil nachgedacht?«Ich grinste ihn frech an.»Ich schlafe in einer Gruft, Diakon, das wisst Ihr.Also könnt Ihr mich nicht erretten, da ich bereits tot bin.«Der Ausdruck des Diakons, zuvor jovial, wurde grimmig.»Nein, das bist du nicht, Junge«, sagte er und legte eine harte Hand auf meine Schulter.Er schaute sich auf dem Grassmarket um.»Auf diesen Straßen gibt es viele, die wahrlich tot sind.Sie gehen und essen und atmen weiter, aber sie haben vergessen, wie es ist, lebendig zu sein, und ihre Herzen sind so kalt wie Eisen geworden.Sie interessieren sich nur für harte Dinge, wie das Gewicht des Goldes in ihren Taschen oder das Gefühl einer Pistole in ihrer Hand.Sie sind jenseits der göttlichen Gnade.Aber du nicht, Jimmie Golden.Noch nicht.Verstehst du mich, Junge?«Ich griff in die Tasche, fühlte den schweren Geldbeutel.Vielleicht hatte der Mann, den ich bestohlen hatte, mit dem Geld Schulden bezahlen wollen.Vielleicht würde man ihn jetzt in den Schuldturm werfen, wo man ihn verrotten ließ.Verzweiflung stieg in mir auf, mein Herz fühlte sich kalt an, aber ich tauschte das Gefühl gegen Wut ein und richtete sie auf Moody.Ihn hatten sie wegen seiner Sünden aus der Kirche verstoßen.Was wusste er denn schon? Ich war ein Dieb, das war alles.Göttliche Gnade war nicht für meinesgleichen bestimmt.Ich schaute ihn finster an, und ich weiß nicht, was er von meinem Gesicht ablas, aber er riss die Hand von meiner Schulter zurück, und ein leises Wort entschlüpfte seinen Lippen.Möglicherweise war es Gnade gewesen.Moody stolperte zurück gegen eine Wand, und ich drängte mich an ihm vorbei und rannte weiter über den Grassmarket.Ich kam zu dem Platz, an dem man die Hexen und Kriminellen hängte, dann bog ich nach rechts ab in Richtung Greyfriars.Die Dämmerung verwandelte sich in Dunkelheit, Nebel klebte an meinen Lidern; vermutlich sah ich ihn deshalb nicht vor dem Eisentor des Friedhofs stehen.Ich bog um die Ecke der Mauer und lief in ihn hinein.Er war groß und kräftig gebaut.Ich prallte von ihm ab wie ein Vogel, der gegen ein Fenster flog, und stürzte benommen aufs Pflaster.Starke Hände hoben mich auf und stellten mich wieder auf die Füße.»Entschuldigung, Mylord«, sagte ich, hielt den Blick nach unten gerichtet, dann wollte ich an ihm vorbei.Seine Hand berührte meine Schulter und hielt mich auf.»Vielleicht kannst du mir helfen«, sagte er mit tiefer Stimme.»Ich suche jemanden.«Ich hielt den Blick auf seine schwarzen Stiefel gerichtet, aber ein Schauder durchfuhr mich, denn ich erkannte diese Stimme, auch wenn es über drei Jahre her war, dass ich sie zuletzt im Advocate's Close gehört hatte.»Ich suche schon seit einiger Zeit nach dieser Person«, sagte der Mann.»Ich habe vor kurzem gehört, dass sie hier lebt, auf Greyfriars.«»Hier lebt niemand, Mylord«, sagte ich.»Das ist ein Friedhof.«»Tatsächlich?«Ein starker Finger legte sich unter mein Kinn, drückte meinen Kopf nach oben.Er war noch größer, als ich in Erinnerung hatte.Wie zuvor hüllte ein breitkrempiger Hut sein Gesicht in Schatten, aber in der Dunkelheit entdeckte ich zwei funkelnde goldene Punkte.Sein Blick war fest auf mich gerichtet, und seine Augen waren so gelb wie die eines Wolfes.»Wer seid Ihr?«, stieß ich heiser hervor.»Jemand, der dir helfen kann.«Meine Furcht wich etwas, und ich fühlte erneut einen Funken Wut in mir aufglimmen.Zuerst Diakon Moody, jetzt dieser Fremde in Schwarz.Warum wollten sie mir helfen? Konnten sie denn nicht sehen, dass es sinnlos war?»Lasst mich in Ruhe«, sagte ich und wich vor ihm zurück.»Wie du willst, James.«Diese Worte verblüfften mich so sehr, dass ich mitten in der Bewegung verharrte.Ich blickte über die Schulter.Aus einem Fenster fiel ein Lichtstrahl und beleuchtete einen willensstarken, von einem dunklen Bart umrahmten Mund.»Wenn du es dir anders überlegst, sei am ersten Tag eines jeden Monats bei Sonnenuntergang am Advocate's Close.Dort wirst du mich finden, wie zuvor schon.«Ich ballte die Hände zu Fäusten.»Ich werde nicht kommen.«Der Mann erwiderte nichts.Er drehte sich um und ging.Als ich ihn nicht länger sehen konnte, betrachtete ich das Tor zum Friedhof.Ich war müde und sehnte mich danach, mich in der Gruft zum Schlafen hinzulegen.Aber ich wagte es nicht – nicht jetzt, nie wieder.Irgendwie hatte er erfahren, dass dort mein Zuhause war.Jemand von der Straße hatte es ihm verraten, und das bedeutete, dass ich nie wieder in Greyfriars schlafen konnte
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