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.Mirdrid erhob sich, riss Grace den Stoff aus der Hand und knüllte ihn zu einer engen Kugel zusammen.»Ich habe nichts Böses getan.Ich habe mich nur mit Mylady unterhalten, das ist alles.«»Du solltest dich um deine Pflichten kümmern.«Mirdrid nickte wortlos und eilte aus dem Zimmer, ohne Grace noch einen weiteren Blick zu gönnen.»Es tut mir Leid, Mylady«, sagte Leweth jetzt mit sanfterer Stimme.»Hat meine Schwester Euch belästigt?«Schwester? Also war Leweth Mirdrids Bruder.Was bedeutete, dass Mirdrids Vater der alte Kämmerer gewesen sein musste.Darum erschien Leweth zu jung für ein solches Amt; er hatte es erst ein paar Tage vor ihrem Eintreffen auf Meerwacht übernommen.Grace holte tief Luft, um sicherzugehen, dass ihre Stimme ganz ruhig klingen würde.»Nein, sie war nicht lästig.«Leweth nickte.»Das Essen wird gleich aufgetischt.Der Lord erbittet Eure Anwesenheit im Saal.« Dann drehte er sich um und war verschwunden.Grace eilte zu Falken und Beltan, um ihnen zu sagen, dass es Zeit zum Essen war, und als sie hinuntergingen, war Vani bereits da.Grace wollte ihnen von der seltsamen Begegnung mit Mirdrid erzählen, aber dafür war keine Zeit.Und sie war sich nicht sicher, was es zu bedeuten hatte – falls es überhaupt etwas zu bedeuten hatte.Als sie den Saal betraten, sah Grace unwillkürlich zur Galerie hoch, aber sie war dunkel und leer, und sie wusste, dass, wenn sie mit der Gabe zugreifen würde, sie dort nichts spüren würde.Was auch immer sie da gesehen hatte, es hatte ihre Aufmerksamkeit gespürt und war jetzt vorsichtig.Falls es überhaupt existierte.Vermutlich sind es bloß deine Nerven.Sie liegen nach dem Schiffsuntergang blank, und dann in dieser düsteren Burg eingesperrt zu sein.Kein Wunder, dass du Schatten siehst.Trotzdem, es fiel schwer, nicht an den dunklen Vogel auf Mirdrids Stickereiarbeit zu denken oder an die Worte der jungen Frau.Über uns alle wird gewacht, die ganze Zeit …»Alles in Ordnung, Grace?«, flüsterte ihr Beltan ins Ohr.Sie drückte seine Hand.Ich erzähle es dir später, sandte sie durch die Weltenkraft, und seinem überraschten Grunzen entnahm sie, dass er sie verstanden hatte.Wie versprochen war der Graf anwesend, und er stand auf, als sie auf den Tisch zugingen.Grace fühlte, wie ein Teil ihrer Unruhe durch die Kraft seines Lächelns verschwand.Sie hatte in der Zwischenzeit ganz vergessen, wie attraktiv er war.Er trug eine Art langer Weste über einem lose fallenden Hemd, Hosen, die sich eng an die kräftigen Beine schmiegten, und Lederstiefel.»Mylords, Myladys«, sagte Elwarrd.»Ihr müsst meine Abwesenheit die letzten Tage verzeihen.Es gab viel zu tun.Befehle aus Barrsunder verlangen zusätzliche Abgaben an Lebensmitteln.Es war schwer, unsere Pflicht dem König gegenüber zu erfüllen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass wir für den Winter genug in den Vorratskammern haben.«Falken und Beltan tauschten wissende Blicke aus.Grace glaubte zu verstehen.Warum sollte Barrsunder mehr Lebensmittel fordern, falls dort nicht jemand wusste, dass eine Belagerung erfolgen würde? Und die Ressourcen von Embarrs Burgen und Schlössern zu erschöpfen würde es viel einfacher machen, sie zu besiegen.Anscheinend bereiteten sich die Berater des Königs tatsächlich auf den Krieg vor – gegen Embarr selbst.»Ihr müsst Euch keine Sorgen machen, Mylord«, sagte Falken.»Man hat sich gut um uns gekümmert, und die Ruhe hat uns gut getan.Aber jetzt, da keine Krankheit mehr droht, ist für uns die Zeit gekommen …«Der Graf hob lächelnd die Hand.»Nein, Mylord, spart Eure Bitten bis nach dem Essen.Das hier mag das Hinterland der Domänen sein, aber wir tun diese Dinge hier richtig.«Falken legte eine Hand auf die Brust und verneigte sich.Grace fragte sich, was der Barde wohl dachte, aber falls man mit der Gabe Gedanken lesen konnte, war das eine Kunst, die sie noch nicht erlernt hatte.Sie nahmen ihre Plätze am Tisch ein.Wieder war zur Linken des Grafen ein Gedeck aufgelegt worden, aber diesmal fehlte Leweth am Tisch.»Ich fürchte, der Kämmerer hat Pflichten, die nicht warten können«, sagte Elwarrd, »darum kann er sich heute Abend nicht zu uns gesellen.«Vani setzte sich neben Falken, so dass Beltan sich selbst bedienen musste.Wieder war es Graces Pflicht, den Hausherrn zu bedienen.Sie goss Wein ein und gab ihm den Pokal, und als sich ihre Hände berührten, war es wie ein elektrischer Schlag, was sie schockierte.Wie zuvor betrieben sie während des Essens höfliche Konversation, aber Grace hörte kaum zu.Sie konnte nicht aufhören, an die Ausstrahlung des Grafen zu denken; sie konnte die Hitze seines Körpers spüren, als würde sie von einem Feuer kommen.Ihre Nervosität veranlasste sie, den Wein herunterzustürzen, und bald wich ihre Furcht, und eine seltsame Tapferkeit überkam sie.»Mylord, ich habe eine Frage an Euch.«Elwarrd hob eine Braue.Sie fuhr fort, bevor sie es sich anders überlegen konnte.»Das leere Gedeck, das immer so sorgfältig zu Eurer Linken aufgelegt wird.Für wen ist es?«Die anderen starrten sie an, und Grace wusste, dass sie einen schweren Fehler begangen hatte.Ihr vom Wein verursachter Leichtsinn verschwand und hinterließ bloß ein dumpfes Pochen in ihrem Kopf.Aber der Graf wies sie nicht wegen ihrer Unhöflichkeit zurecht.Stattdessen lächelte er einen Augenblick später.»Ich bin überrascht, dass Ihr so lange gebraucht habt, um zu fragen, Mylady.« Elwarrds Stimme war jovial, aber in seinem Blick lag Härte.»In der Tat, es sieht seltsam aus, nicht wahr? Der Stuhl ist für meine Mutter bestimmt.Jeden Abend befehle ich den Dienern, für sie zu decken.Und jeden Abend weigert sie sich zu kommen.Ihr müsst wissen, auf diese Weise bestraft sie mich.«Grace befeuchtete sich die Lippen.»Sie bestraft Euch?«»Ja, Mylady.Für meinen Ungehorsam.« Er hob den Pokal und nahm einen tiefen Zug.Seine Stimme wurde schriller, als er weitersprach.»Ihr müsst wissen, ich habe mein Leben nicht immer so gelebt, wie sie es wollte.Ich habe bei einigen Gelegenheiten gewagt, ihr nicht zu gehorchen.Für diese Verbrechen, die ich als junger Mann begangen habe, hat sie mich bestraft, indem sie dem König Lügen erzählte, behauptete, ich hätte eine schwache Konstitution, ihn anflehte, mich nicht zu einem Ritter zu machen, weil das mein Tod sein würde.Und so wurde ich bei der Ritterschaft übergangen.« Er leerte den Pokal und wischte sich mit dem Handrücken rote Flüssigkeit aus dem Bart.»Und jetzt, wo mein Vater seit drei Jahren tot ist und ich nun an seiner Stelle der Graf bin, bestraft sie mich weiter, indem sie sich weigert, mich als den rechtmäßigen Herrn des Hauses anzuerkennen.Ist das nicht so, Mutter?«Die letzten Worte waren ein Schrei.Er schob den Stuhl zurück und stand auf.»Haltet Ihr es nicht für an der Zeit, Euch unseren Gästen zu zeigen?«Sein Körper erstarrte, die Sehnen seines Halses traten hervor, als seine Stimme durch den Saal hallte.Grace starrte ihn an, unfähig, ein Wort zu äußern.Vani stand auf und glitt geschmeidig auf den Vorhang zu, der das Ende des Saals abtrennte.Eine Sekunde später sah es Grace: Der schwere Vorhang bewegte sich, als würde jemand – oder etwas – dahinter stehen.Vani griff zu und riss den Vorhang zur Seite.Dort war nichts; das Schlafgemach des Grafen war leer.Elwarrd fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.»Ihr müsst mir verzeihen.« Seine Stimme war jetzt leise.»Ich bin müde von meiner Arbeit, das ist alles.Es gibt Dinge, die ich … ich muss gehen.Bitte verzeiht mir.«Und bevor sie etwas sagen konnten, verließ der Graf von Meerwacht den Saal.31»Nun«, sagte Falken, »das war etwas peinlich.« Sie hatten sich wieder in Graces und Vanis Zimmer versammelt, da sie nicht wussten, wo sie sonst hätten hingehen sollen [ Pobierz całość w formacie PDF ]