[ Pobierz całość w formacie PDF ]
.Wir tragen unsere Kartons aus der Wohnung.Zwischen der Frau und ihrem Mann herrscht Schweigen, während wir Laptops, den PC, DVDs, Videokassetten und Festplatten sicherstellen.Vorsichtig versucht der Mann, ihr eine Hand auf den Arm zu legen.»FASS MICH NICHT AN!« Ihre Stimme ist so laut, dass ich sie auch im Flur noch deutlich höre.Er kommt hinter mir hergelaufen und tippt mir auf die Schulter: »Wann bekommen wir das alles wieder? Die Computer und all das?«»Wenn wir es durchgesehen und als unbedenklich klassifiziert haben.Alles an bedenklichem Material bleibt bei uns, bis das Gericht anders entscheidet.«Fassungslos sieht er mich an.»Sie können doch meine Computer nicht einfach mitnehmen!«Manfred trägt eine Kiste mit Videokassetten die Treppe runter und drängt sich mit den Worten »Doch, können wir!« an uns vorbei.»Aber da ist überall das Zeug drauf«, stammelt der Mann, »Sie können doch nicht alles behalten!«»Ich dachte, das sei nur auf der einen Festplatte?«, frage ich.Betreten blickt er zu Boden, dann geht er stumm zurück in die Wohnung, die nun von allem technischen Schnickschnack befreit ist.Sogar die Playstation haben wir eingepackt, da in ihr eine Festplatte verbaut ist, auf der auch Filme gespeichert werden können.Seine Frau drückt ihm eine Tasche in die Hand, die sie wohl gerade in Windeseile gepackt hat.»RAUS!«, höre ich ihre Stimme ein letztes Mal, dann knallt sie ihm die Tür vor der Nase zu.Mit uns gemeinsam geht er die Treppe hinunter, sein Jogginganzug raschelt beim Gehen.Vor dem Haus spielen seine drei Kinder in einem Sandkasten.Als er auf sie zugehen will, ruft seine Frau aus dem Fenster: »Fass sie ja nicht an, oder ich schrei aus dem Fenster, was du getan hast!«Er hält in der Bewegung inne.Drei Augenpaare blicken ihn verdutzt aus dem Sandkasten an.»Was ist denn, Papa?«Er fährt sich mit einer Hand übers Gesicht, dann schaut er zum Himmel und atmet tief durch.Als er seine Kinder wieder ansieht, erwidert er: »Der Papa hat was Böses gemacht.Ich fahr für ein paar Tage zur Oma.Geht hoch zur Mama, und seid lieb.«Ohne ein weiteres Wort dreht er sich um und geht die Straße hinunter.Mein Blick folgt ihm, und ich entscheide, dass mir die vergammelten Buden von einsamen Junggesellen als Durchsuchungsobjekte doch wesentlich lieber sind, egal, wie eklig es dort oft ist, wie viel seltsames Sexspielzeug, dessen Sinn und Zweck sich mir manchmal erst nach eingehender Internetrecherche erschließt, ich dort finde oder wie muffig es dort häufig riecht.Egal, wie skurril so mancher Konsument von pädophilen Videos eingerichtet ist oder wie viel Schwachsinn der eine oder andere mir während der Durchsuchungen an den Kopf wirft – viel schockierender als all das finde ich, dass sich diese perverse Neigung offenbar sogar in einer auf den ersten Blick total normalen Familie findet und dass eine Ehefrau neben ihrem Mann herlebt und über Jahre nichts davon mitbekommt.Wie schrecklich muss sich eine solche Frau fühlen?Eine heikle Geschichte2009Ein Besprechungsraum der Kinderpsychiatrie in Köln-Merheim.Ich schaue gelangweilt aus dem Fenster, während mein Kollege Andreas die sechzehnjährige Hatice vernimmt.Vor drei Wochen habe ich die »Dunkelkammer« hinter mir gelassen und bearbeite mit meinem Kollegen jetzt Sexualdelikte.Seit anderthalb Stunden sitzen wir nun schon hier und hören uns die seltsame Geschichte der jungen Türkin gerade zum dritten Mal an.Hatice hat einen Freund getroffen.Er ist ein guter Freund, aber trotzdem weiß sie nur seinen Vornamen.Dieser Freund ist mit ihr in eine Wohnung gefahren, die in der Nähe der Wohnung ihrer Eltern liegt.Hatice ist dort eingeschlafen, und als sie wieder aufwachte, war sie nackt.Sie kann sich nur an wenig erinnern, aber sie ist überzeugt, dass etwas sehr Schlimmes passiert ist.Was genau das sein soll, damit rückt sie nicht so recht heraus, aber ihre verschämten Andeutungen lassen eine Vergewaltigung vermuten.Sie hat dort in der Wohnung dann schnell ihre Sachen zusammengesammelt, ist aus dem Fenster geklettert und nach Hause gegangen.Zufällig hat Hatices Bruder sie dabei gesehen, und daher muss sie zu Hause erzählen, was passiert ist.Ihr Vater ist daraufhin mit ihr zur Polizei gegangen.Auf der Kriminalwache hat sie einen Nervenzusammenbruch erlitten, sich selbst die Haare ausgerissen, und so sitzt sie nun hier in der Kinderpsychiatrie und sieht mich mit ausdruckslosem Blick an.Andreas kratzt sich am Kopf und lässt Hatice ihre Geschichte erneut erzählen, während ich weiter stumm aus dem Fenster glotze und mir total überflüssig vorkomme.Hatice benutzt auch in der vierten Version die gleichen Wörter.Nicht die kleinste Abweichung in der Schilderung, kein Stocken, keine Erinnerungslücken.Emotionslos leiert sie alles herunter und weicht an den Stellen, die für uns zur Beurteilung der Situation wichtig wären, unseren Fragen geschickt aus.Mein Kollege hört ihr aufmerksam zu, guckt an den richtigen Stellen mitleidig und sagt hier und da: »Oh mein Gott, du Arme!«, während ich immer noch unbeteiligt tue und nur ab und an ein ungläubiges Schnaufen hören lasse.Wäre das Ganze nicht so ernst, würde ich am liebsten kichern, denn unsere klassische Rollenverteilung »guter Cop – böser Cop« funktioniert heute besonders gut.Dank Hatices Beschreibung haben wir ihren Freund ausfindig gemacht.Er heißt Steven und ist für uns kein Unbekannter.An seiner Bekleidung haben wir Hatices Haare gefunden und durch den Polizeiarzt an seinem Glied einen DNA-Abstrich vornehmen lassen, der mit Sicherheit Hatices DNA enthalten wird.Fall gelöst, Täter gestellt, könnte man meinen, zumal es mit Steven ganz sicher kein unbeschriebenes Blatt träfe [ Pobierz całość w formacie PDF ]