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.Das Gespenst der jungen Arnaba suchte Gohars Geist nicht heim.Während er es sich in einem der Korbsessel gemütlich gemacht hatte, reihte er auf der karierten Seite eines Schulheftes mit einem gelben Umschlag Zahlen aneinander.Mit Freude hatte er seine Arbeit als Buchhalter und gebildeter Mann im Dienste einer schamlosen Puffmutter wiederaufgenommen.Die Buchführung des Bordells war von der allereinfachsten Art und erforderte keinerlei intellektuelle Anstrengung.Von Zeit zu Zeit hob Gohar den Kopf und ließ seinen Geist diese Mischung aus Wollust und nutzlosem Palaver in sich aufnehmen.Anstatt ihn zu beunruhigen, vermittelte die dauernde Anwesenheit des Polizisten in Zivil ihm vielmehr ein absurdes Gefühl von Sicherheit.Dieser Mann amüsierte ihn: mit seinen verfänglichen Fragen machte er sich lächerlich.Hatte er denn nicht bemerkt, daß alle schon seit langem seine wirkliche Identität erraten hatten? Gohar genoß es, Zeuge polizeilicher Nachforschungen zu sein, deren verschlungene Pfade schließlich zu ihm als Täter führen sollten.Seine Empfindungen hatten nichts mit Sadismus zu tun, es war ihm lediglich vollkommen gleichgültig, wie die Untersuchung ausgehen würde.All diese Anstrengungen, die zum Zwecke seiner Überführung unternommen wurden, erschienen ihm unverhältnismäßig groß angesichts der Bedeutungslosigkeit des Verbrechens.Weniger seine Verhaftung beunruhigte Gohar, als vielmehr die Gefahren, denen sich Yeghen aussetzte, um ihm zu helfen.Dessen Aufopferung, sein großzügiges Hilfsangebot hatten ihn wegen ihrer vollkommenen Aufrichtigkeit tiefbewegt.Yeghen war dazu fähig, die anrüchigsten Unternehmungen auszuhecken, um ihm das für seine Reise notwendige Geld zu beschaffen.Würde er sich nicht vielleicht auch noch völlig unnötig durch eine illegale Aktion selbst in Gefahr bringen? Gohar wollte das vermeiden; jetzt plagten ihn Gewissensbisse.Hätte er Yeghen nicht von seinem Vorhaben abbringen, ihm die Nutzlosigkeit jedes Versuchs, ihn zu retten, aufzeigen sollen? Angesichts dieser tätigen Zuneigung war er schwach geworden.Und hatte Yeghen dann nicht noch sein Leben in seine Hände gelegt? Konnte man denn das Hilfsangebot von jemandem zurückweisen, der einen bittet, über sein Leben zu verfügen? Das wäre eine Taktlosigkeit gewesen, eine Mißachtung der Freundschaft.Und wenn eine Flucht tatsächlich möglich wäre, wenn er tatsächlich nach Syrien gelangen könnte? Er stellte sich weite Cannabisfelder vor, auf denen er selbst, mit denselben Händen, mit denen er eine junge Prostituierte erwürgt hatte, das magische Gewächs anbauen würde.Ein teuflischer Traum.Er dauerte nur einen Augenblick lang.»Gohar Effendi!«Es war der Polizist in Zivil, der ihn ansprach.Ohne das Begrapschen der jungen Akila zu unterbrechen, hatte er sich Gohar zugewandt, als würde er einen Rat von allergrößter Wichtigkeit bei ihm einholen wollen.»Ja bitte«, sagte Gohar.Die wenigen Kunden, die verstreut im Warteraum saßen, spitzten die Ohren.Alles, was der Polizist in Zivil sagte, betraf sie unmittelbar.»Dieser Mord an der jungen Arnaba«, sagte der Polizist, »erinnert mich an eine alte Geschichte, die sich ebenfalls in einem Bordell zugetragen hat.Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst.Es gab da ein merkwürdiges Detail, das mir plötzlich wieder in den Sinn gekommen ist.«Dieser Dummkopf würde schon wieder mit ihm über das Verbrechen sprechen.Gohar hüstelte, griff nach seinem Gehstock und sagte dann mit der ihm eigenen Höflichkeit:»Es tut mir leid, aber ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern.«»Die ganze Angelegenheit ereignete sich vor dem Krieg.In den Zeitungen berichtete man seinerzeit sehr ausführlich darüber.Es ging um eine Dirne, die erstochen worden war.Bei der Autopsie stellte der Gerichtsmediziner fest, daß sie Jungfrau war.Und das Lustigste daran ist, daß sie ihrem Gewerbe seit mehr als zwanzig Jahren nachging.Was hältst du davon?«»Unglaublich!« staunte Gohar.»Nicht wahr? Es geht mir einfach nicht aus dem Kopf.Eine jungfräuliche Hure! Du mußt zugeben, daß man niemandem trauen kann.«»Sogar der Hintern einer Hure birgt Überraschungen«, sagte Gohar.»Er kann die Welt in Erstaunen versetzen.«»Ich bin beeindruckt von deiner Lebensweisheit.Ich glaube, du bist ein Mann, der das Leben kennt.«Der Polizist stieß ein lautes und vulgäres Lachen aus, umarmte seine Begleiterin und küßte sie wie ein wildes Tier auf den Mund.Akila, die ziemlich durchtrieben war, brachte ihn So sehr in Wallung, daß ihm offensichtlich der Atem ausging.Bald schon konnte er sich kaum mehr zurückhalten und willigte ein, sie auf ihr Zimmer zu begleiten.»Bis gleich, Gohar Effendi!«»Dein ergebener Diener.«»Hat er sich endlich doch durchgerungen, dieser Mistkerl!« triumphierte Set Amina.»Jetzt amüsiert er sich wenigstens nicht bei mir, ohne dafür zu bezahlen.«Gohar widmete sich wieder seinen Berechnungen, aber er war von Dankbarkeit erfüllt.Einmal mehr offenbarte das Drama seine lächerliche Seite.Warf die unerwartete Jungfräulichkeit des Leichnams einer ermordeten Dirne nicht ein bezeichnendes Licht auf das Drama? Gohar hatte des Rätsels Lösung gefunden.Sollte man diese irrwitzige Welt etwa ernst nehmen? Genau darin hatte sein Wahnsinn bestanden.Lange Jahre des Wahnsinns.»Ich wußte, daß ich dich hier finden würde, Meister! Ich muß dir etwas sehr Ernstes mitteilen.«Die Aufmachung El Kordis bei seinem Erscheinen in dem Werteraum war außerordentlich bemerkenswert: den Tarbusch hatte er bis zu den Ohren heruntergezogen und die untere Gesichtshälfte mit einem Taschentuch bedeckt, das er fest andrückte, so als würde er eine blutende Wunde stillen.»Was hast du, mein Sohn? Bist du verletzt?«Als sei er nun in Sicherheit vor den gemeinen Blicken seiner Henker, nahm El Kordi das Taschentuch vom Gesicht, steckte es in seine Tasche und setzte sich neben Gohar.»Nein, ich habe nichts«, sagte er, indem er sich zu ihm hinüberbeugte.»Ich versuche nur, unerkannt zu bleiben.«»Wozu diese Geheimnistuerei?«»Ich werde observiert, Meister! Sie wissen, daß ich ein Revolutionär bin
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