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.So viel wusste Paul von einigen Fotoreportagen über das monumentale Bauwerk.Ihm war auch bekannt, dass sechs Aufzüge zur Verfügung standen.Angeblich waren sie so schnell, dass sie es in weniger als einer Minute bis an die Spitze des Stahlbetongiganten schafften – Paul rechnete sich aus, dass das in etwa siebenhundertfünfzig Treppenstufen entsprach …Das Kopfrechnen lenkte ihn ab, denn ihm war nicht danach, über Sinn und Unsinn ihrer neuesten Unternehmung nachzudenken.Er hatte genug gegrübelt in letzter Zeit, und was hatte es ihm gebracht – außer ständigem Zoff mit Katinka? Nichts! Nichts und wieder nichts, denn immer war alles ganz anders gekommen, als er erwartet hatte.Daher beschloss er, diese letzte Etappe ganz unvoreingenommen anzugehen und auf das Quäntchen Glück zu bauen, das Blohfeld und er bei ihrem Vorhaben brauchen würden.»Warum sind Sie so still?«, fragte Blohfeld, nachdem er seinen wuchtigen Wagen am Straßenrand abgestellt hatte.»Kommen Sie schon.Wir müssen das Überraschungsmoment nutzen.«Welches Überraschungsmoment?, fragte sich Paul.Und vor allem: Unter welchem Vorwand würden sie sich überhaupt Einlass verschaffen?Beide passierten den menschenleeren Innenhof, der von einem quadratisch angelegten, mehrstöckigen Bürotrakt umgeben war.Sie steuerten direkt auf den Eingangsbereich des Towers zu, der sich groß, hell und stolz gegen den Nachthimmel abzeichnete.Der elegante Zylinder des Hochhauses brach so radikal mit dem üblichen Understatement der Nürnberger Stadtplanung, dass der Gebäudekomplex Paul unwillkürlich an eine Art modernen Gegenpart zur seit Jahrhunderten dominierenden Kaiserburg denken ließ.»Kommen Sie!«, forderte ihn Blohfeld auf, als sie die elegante Empfangshalle betraten.Eine sorgfältig geschminkte Frau an einem ausladenden Informationsschalter hörte sich ohne sichtbare Reaktion ihr Anliegen an und griff zum Telefon.Nach einem kurzen Gespräch wandte sie sich mit unveränderter Höflichkeit an die Besucher: »Bitte warten Sie einen Moment.« Sie deutete auf ein Ensemble schicker Designersessel.»Herr Schillinger wird Ihnen gleich zur Verfügung stehen.«»Na bitte«, raunte Blohfeld Paul zu, als sie sich setzten.»Wer wagt, der gewinnt.«Paul mochte den Optimismus des Reporters nicht teilen.»Noch sind wir nicht oben«, sagte er.Das waren sie auch eine Viertelstunde später nicht.Blohfeld stand auf, ging noch einmal zu der untadeligen Empfangsdame hinüber und kam mit der Nachricht zurück: »Es wird wohl noch ein paar Minuten dauern.«»Tja«, entgegnete Paul nur.Was konnte man schon tun, außer zu warten?Zehn Minuten später startete Blohfeld einen neuen Versuch.Diesmal kehrte er skeptischer zurück.»Sie hat mich wieder vertröstet.« Er setzte sich nicht mehr hin, sondern forderte Paul auf: »Versuchen wir es anders.Folgen Sie mir und stellen Sie keine Fragen.«»Keine Fragen?«»Das war schon eine zuviel!«Blohfeld steuerte zusammen mit Paul auf einen der Aufzüge zu.Die Rufe der Empfangsdame ignorierend, betraten sie die Kabine.Bevor die Türen sich schlossen, nahm Paul noch wahr, dass zwei schwarz gekleidete Sicherheitsbeamte auf sie zurannten.Doch sie kamen zu spät, der Fahrstuhl setzte sich bereits in Bewegung.»Auf geht’s!«, rief der Reporter.»Das ist unser ganz persönlicher Highway to Hell!«»Na, Sie machen mir Mut«, sagte Paul gedämpft.Vierzig Sekunden später bremste der Aufzug sanft ab.Die Türen glitten wieder auf und gewährten ihnen einen außergewöhnlichen Ausblick.Paul bestaunte die exquisite Einrichtung des Foyers von Schillingers Repräsentanz.Wände, Decke und Bodenbelag waren in gedeckten Tönen gehalten.Ein paar sorgfältig platzierte Designerstücke und wenige stilvolle Möbel verliehen dem Vorraum eine vornehme Eleganz.Am anderen Ende des Foyers befand sich eine breite Tür aus dunklem, rötlich schimmerndem Holz.Daneben sah Paul eine Klingel mit darüber postiertem Kameraauge und integrierter Gegensprechanlage.Er musste sich allerdings nicht den Kopf darüber zerbrechen, mit welchen Worten sie sich an der Sprechanlage melden sollten, denn schon wiederholte sich die Szene aus dem Erdgeschoss.Aus einer diskret verdeckten Tür traten zwei Männer und kamen auf sie zu.Beide waren groß und wirkten trotz ihrer steifen Anzüge sportlich und wendig.»Sie wünschen?«, sprach sie einer der beiden an und verstellte ihnen den Weg.Der andere positionierte sich hinter ihnen.Blohfeld gab Paul einen Wink, worauf dieser seine Kamera hoch hielt.»Presse«, sagte Blohfeld selbstsicher und zog seinen Presseausweis.»Sie haben sicher von der heutigen Pressekonferenz in Sachen Kleinschmidt-Schillinger gehört.Wir legen Wert auf sauberen Journalismus und würden gern die Gegenseite um eine Stellungnahme bitten.«Die beiden Männer wechselten einen kurzen Blick, verzogen aber keine Miene.»Das ist nicht erwünscht«, sagte der Mann, der schon zuvor gesprochen hatte.»Herr Schillinger möchte nicht gestört werden.Sie können sich morgen Vormittag an unsere Pressestelle wenden, wenn Sie Auskünfte wünschen.«»Bitte gehen Sie«, forderte sie nun auch der andere auf.»Sie befinden sich hier in privaten Räumen.«Paul und Blohfeld hatten damit gerechnet, aufgehalten zu werden.Es war absehbar gewesen, dass man sie nicht ungehindert ins Allerheiligste des großen Schillingers hineinspazieren lassen würde.Dennoch waren sie nicht bereit, schon so bald den Rückzug anzutreten.»Wir bieten Herrn Schillinger ein Forum, um noch vor dem Prozessauftakt seine eigene Position darzustellen«, blieb der Reporter beharrlich.Die beiden Männer traten nun noch näher auf sie zu.»Bitte gehen Sie jetzt«, wiederholte der hinter ihnen stehende Mann seine Aufforderung.Blohfeld gab Paul ein weiteres Zeichen, woraufhin er den Haltegurt seiner Kamera von der Schulter gleiten ließ.Die Kamera rutschte tiefer und glitt auf den Boden.Paul bückte sich langsam, um sie aufzuheben.Blohfeld nutzte die kurze Irritation ihrer Aufpasser, um mit wenigen schnellen Schritten die Mahagonitür am Ende des Foyers zu erreichen.Es gelang ihm jedoch nicht, die Klingel zu drücken, denn einer der Männer hatte ihn bereits eingeholt und mit einem energischen Griff ans Handgelenk gestoppt.»Autsch!«, stieß Blohfeld aus.»Sie werden mich augenblicklich loslassen, sonst …«Der Reporter hielt mitten im Satz inne und schaute nach oben.Offenbar hatte er dasselbe dumpfe Klopfen vernommen, das auch Paul aufhorchen ließ.Das Wummern, das von einem deutlich vernehmbaren Vibrieren des Fußbodens begleitet wurde, steigerte sich in seiner Frequenz.Es wurde nicht nur schneller, sondern auch lauter und lauter.»Was ist das?«, fragte Paul und wunderte sich, dass der Wachmann Blohfelds Hand nun aus freien Stücken wieder losließ.Der Reporter ging mit fragenden Blicken auf eine breite Fensterfront seitlich des Korridors zu.Paul folgte ihm und ahnte bereits, was er gleich sehen würde.Als sie durch die großflächigen Fensterscheiben blickten, sahen sie weit unter sich die Lichter der Stadt.Der Himmel darüber war tiefschwarz.Nur wenige Sterne waren durch den herbstlichen Dunst zu erkennen.Umso besser dafür die stroboskopartig blitzenden Positionslichter eines Hubschraubers, der in diesem Moment nur wenige Meter von ihnen entfernt eine enge Bahn um das Gebäude zog
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