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.Meine Worte hatten sie offenbar in Verlegenheit gebracht und weil sie gar so betreten guckte, verspürte ich sogar etwas Reue.Eigentlich hatte ich ja mit Rabenhof und einer neuen Regel gerechnet.Der Regel Nummer fünf, sechs oder sieben.Dementsprechend leid tat mir diese schüchterne Frau.Mit etwas freundlicherer Miene winkte ich sie zu mir.Sie hielt ein blaues, wunderschönes Kleid im Arm, einen Beutel mit diversen Utensilien und einen kleinen Korb mit Kuchen.Ich hatte wirklich Hunger und während sie sich vorstellte, aß ich bereits den halben Korb leer.Sie war die Hofdame, die mir beim Umkleiden helfen sollte und ihr Name war Gertrude.Mit Wehmut dachte ich bei jedem Bissen an „meine“ dicke Gertrude von Tsor, an Hanna und an John.Hoffentlich mussten die drei nicht in einem dunklen Verlies schmachten.Gertrude war eine nette Person.Freundlich und zuvorkommend bereitete sie mich darauf vor, dass wir hier einige Zeit miteinander verbringen würden.Natürlich versuchte ich sie über Hanna auszufragen, doch das Thema blockte sie gekonnt ab.Wenigstens bemerkte ich einen Hauch von Mitgefühl, denn sie sah mich des Öfteren traurig an und gab mir indirekt zu verstehen, dass sie mit mir fühlte.Ihr Mitgefühl ging mir Nahe und trieb mir die Tränen in die Augen, denn kurze Zeit konnte ich vielleicht stark sein, aber bei ehrlichem Mitgefühl konnte ich mein Elend nie lange verbergen.Meine Lage war ja auch wirklich eine kleine Katastrophe.Und klein nur deshalb, weil ich nicht glauben konnte, was heute auf dem Fest noch passieren sollte.Gertrude reichte mir ein Stofftuch.„Keine Angst, es geht ihr gut“, flüsterte sie leise.„Ihr wisst wo sie ist? Bitte, sagt mir doch wo“, flehte ich sie an, doch nun schüttelte Gertrude wieder energisch den Kopf.Sie hatte schon zu viel gesagt und wollte nicht riskieren Rabenhofs Unmut heraufzubeschwören.Wir benötigten mindestens zwei Stunden und es war unglaublich, was dieser Frau alles zum Thema „Herausputzen“ einfiel! Die Waschung selbst war mir ein Gräuel, denn das Wasser befand sich in einem kleinen Behälter und war eiskalt.Außerdem hatte die Frau keine Hemmungen, mit ihrem kleinen, braunen Schwämmchen, in alle möglichen Körperöffnungen vorzudringen.Kopfschüttelnd betrachtete Gertrude meine lädierten Knie und meine Handgelenke und versuchte diese ein wenig behutsamer zu säubern.Nachdem ich mich endlich zitternd vor Kälte abtrocknen durfte, begann die elend lange Prozedur des Kämmens und Bürstens.Und ich meine elend lang und ausgesprochen schmerzhaft, denn so zart Gertrude auch gebaut war, so sehr konnte sie Kraft in ihre fliegenden Hände legen.Meine Zähne wurden mit einem weichen Weidenstöckchen geputzt und meine Haut geprüft, ehe sie mir etwas eklig Schleimiges ins Gesicht schmierte.Gesichtsmaske aus dem 13.Jhdt … dachte ich überrascht und wollte eruieren, woraus sie bestand, steckte vorsichtig einen Finger hinein und nahm eine kleine Kostprobe.Sie schmeckte nach Honig, Ei und vielleicht ein wenig Topfen.Doch Gertrude klopfte mir echauffiert auf die Finger und verhinderte jede weitere Analyse.Danach flocht sie eine komplizierte Frisur und zupfte einige Strähnen ins Gesicht und in den Nacken.Dazu gab es ein blaues Band ins Haar.Bevor sie mich aber zu schminken begann, musste ich in das mitgebrachte Kleid schlüpfen, um von dem bevorstehenden Kunstwerk nichts zu verwischen.Wenigstens kein Korsett … dachte ich erleichtert, bemerkte aber sofort den höllischen Ausschnitt und den engen Schnitt des Kleides.Bei dem Dekolleté würde es ein schwieriges Unterfangen werden, meinen Busen im Zaum zu halten.Heftiges Herunterbeugen sollte ich lieber unterlassen.Selbst die freundliche Gertrude ließ sich unschön über die übertriebene Mode aus Frankreich aus, die sich vermutlich nicht wirklich durchsetzen würde.„Bis vor kurzem hätte es solch eine modische Unverfrorenheit bei unseren gestrengen Kirchenvätern nicht gegeben.Hochgeschlossen, so wie es sich geziemt.genau so sollten echte Damen gekleidet sein!“ Sie war richtig in Rage und wurde mir dadurch noch sympathischer.„Wie soll ein Ritter von Ehre den nötigen Respekt aufbringen, wenn ihm die halbe Frau bereits mit solch einem Ausschnitt ins Gesicht springt? Das ist doch schamlos!“ Und ich dachte mir, dass sie wohl in Ohnmacht gefallen wäre, wenn sie vom 21ten Jahrhundert und seinen Modeerscheinungen gewusst hätte.Aber auch ich stufte dieses Kleid als Widerspruch zu den angeblichen Idealen der mittelalterlichen Zeit ein.Nachdem ich das Kleid und die Schuhe übergestreift hatte, wurde ich geschminkt.Als erstes nahm Gertrude einen kleinen Tiegel mit schwarzer Paste und strich mir davon eine satte Umrahmung um meine Augen.Das wirkte so dunkel und übertrieben, dass ich über diese Kriegsbemalung am liebsten gelacht hätte.Wie passend.dachte ich noch.Es ist ja Krieg! Aber die Farbe blieb nicht lange auf meiner Haut, wurde wieder abgewischt und zurück blieb ein feiner Strich, der meine blauen Augen gekonnt umrandete.Danach zückte die emsige Hofdame ein kleines Fläschchen und erklärte mir etwas von einer Augentinktur aus Essenzen der schwarzen Tollkirsche.Von Pflanzenkunde wusste ich nicht allzu viel, aber die Tollkirsche war giftig.Entsprechend skeptisch verhielt ich mich, vertraute aber Gertrude, dass ich nicht gleich erblinden würde.Und tatsächlich! Abgesehen von leichten Kopfschmerzen, wurden lediglich meine Pupillen größer und dadurch interessanter.Ich war verblüfft über den Effekt und darüber, dass Damen dieser Zeit schon etwas von subliminaler Beeinflussung wussten.Selbst in der Werbung meiner Zeit benutzte man den Trick von großen Pupillen, um positive Beeinflussungen zu erzielen.Stecknadelpupillen wirkten einfach nicht so freundlich wie weite und offene.Es war also ein viel älteres Wissen, als ich gedacht hatte.Aber wahrscheinlich hatten Frauen schon immer Mittel und Wege gefunden, Männer leichter um den Finger zu wickeln.Gertrude verwendete etwas Puder für Gesicht und Dekolleté und verpasste mir danach einen Hauch roter Farbe auf Lippen und Wangen.Die Salbe schmeckte scheußlich, aber Gertrude war offensichtlich sehr stolz auf diese Geheimmischung.Abschließend tippte sie mir etwas Parfum auf den Hals, ins Dekolleté und auf die Handgelenke.Autsch … die hatte ich ganz vergessen! Sie waren nicht so dramatisch verfärbt wie erwartet, doch eine leichte Schwellung war zu sehen [ Pobierz całość w formacie PDF ]