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.Viele Menschen werfen den Parteien hier Opportunismus vor.Das Gegenteil aber ist der Fall.Es gehört Mut dazu, die eigene Klientel zu verärgern.Die Frage wird sein: Gelingt es, die Menschen zu überzeugen, oder nicht.Gelingt dies nicht, wird man abgewählt.Das ist zwar für jede Regierungspartei unschön, gehört zu einer gesunden Demokratie aber in jedem Fall dazu.Parteien der ZukunftDie Frage sollte erlaubt sein, ob man denn überhaupt als Bürger sein Leben lang immer das Gleiche wählen muss, so wie ich es getan habe.Für eine Demokratie ist das eigentlich unsinnig.Klüger ist es doch, von Mal zu Mal zu schauen, welche Partei die eigene Überzeugung gerade am besten vertritt.Die eigene Meinung ist doch nicht starr, sondern ändert sich im Laufe eines Lebens.Genauso verändern sich die Probleme von Jahr zu Jahr, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt.Und auch die führenden Köpfe wechseln oder sind für bestimmte Themen prädestiniert und für andere nicht.Das Personal ist somit jeweils neu zu bewerten.Dass eine einzige Partei ein Leben lang stets die eigenen Ansprüche und Bedürfnisse erfüllen kann, ist doch höchst unwahrscheinlich und wäre auch einfach zu viel verlangt.Insofern werden auch wir verstärkt eine Entwicklung vornehmen, die in vielen anderen Ländern bereits deutlich fortgeschrittener ist: dass sich die Parteien nämlich personenorientierter aufstellen müssen.Inhaltlich gleichen sich ihre Programme immer mehr, und es wird zunehmend schwieriger, in einer globalisierten Welt einzelne Positionen herauszuarbeiten.Es wird nicht mehr die Partei X geben, die für jene zehn Punkte steht, und/oder die Partei Y, die für die anderen zehn Punkte steht oder eine gegensätzliche Auffassung vertritt.Und doch bin ich, unabhängig vom Pragmatischen, aus ganzem Herzen Christdemokrat.Kein Konservativer.Das »C« in der Union ist es, was diese Partei ausmacht, und damit meine ich nicht das Klerikale, nicht die Nähe zur Kirche.Es sind die Werte, die dahinter stehen.Nach dem Jahrhundert der Ideologien haben wir die Erkenntnis erlangt, dass es keinen Himmel auf Erden gibt.Dass kein Zweck jemals unmenschliche Mittel heiligt, auch kein religiöser.Dass niemand die Überlegenheit über andere gepachtet hat: keine Rasse über einer anderen, keine Klasse über einer anderen.Es ist die Erkenntnis, dass das, was jeden ausmacht, nicht nur Produkt seiner Umwelt ist, seiner Erziehung oder Umgebung, sondern auch Ergebnis seiner eigenen Entscheidungen (und Gottes Gnade).Dazu gehört auch die Entscheidung zwischen Gut und Böse.Die linke Hoffnung, der Mensch sei in seinen Anlagen gut und das Böse lediglich das Resultat von äußeren negativen Bedingungen, verträgt sich nicht mit der christlichen Überzeugung, dass es das Böse gibt.Man muss sich der Präsenz des Bösen bewusst sein und sich täglich auffordern, der Versuchung zu widerstehen.Verfehlungen und Versuchungen gehören zu diesem Prozess nämlich dazu.Es ist die Erkenntnis, dass bei allem menschlichen Bemühen neben allen kausalen Einflüssen auch so etwas wie Gnade und Bestimmung unser Leben begleiten.Darum ist Erfolg nicht das gerechte Ergebnis von Leistung und Misserfolg die Quittung für eine schlechte Leistung.Es ist jeweils auch das Ergebnis von Gnade, Prüfung, Glück und Pech.Erfolg sollte daher demütig und dankbar machen, Misserfolg hingegen nicht mutlos, auch wenn das wohl leichter gesagt ist als getan.Das Christliche ist die Überzeugung, dass jeder Mensch nicht nur abstrakt, etwa durch das Zahlen von Steuern, sondern auch ganz konkret für seine Mitmenschen da sein muss.Der Staat ist die Ultima Ratio bei der Lösung von Problemen.Und wenn es nicht der Einzelne ist, der helfen muss, sondern das Kollektiv, dann ist es immer besser, dass diese Hilfe selbstbestimmt und selbstgestaltet ist, als dass sie durch den Staat vorgeschrieben wird.Das alles mag manchem zu theoretisch klingen.Doch es hat Einfluss auf konkrete Positionen bei politischen Themen: Welche Rolle hat der Staat in der Sozialpolitik? Welche Verantwortung haben Eliten und wie leite ich die Eliten dazu an, Verantwortung wahrzunehmen? Wie geht die Gesellschaft mit Straftätern um? Wo ist die Grenze der Toleranz gegenüber Anmaßung und Intoleranz? Welchen Stellenwert hat das menschliche Leben? Wie verhält sich die Gesellschaft gegenüber Minderheiten?Ich behaupte nicht, dass die CDU diesen Ansprüchen immer gerecht geworden ist und die richtigen Antworten hierauf liefert.Zumal es aus christlicher Sicht durchaus verschiedene Möglichkeiten gibt.Aber dies ist ein Kompass, der nicht von Tagesaktualität bestimmt ist und der Bestand hat.Und es ist mehr als das rein konservative Bewahren-Wollen von Strukturen und Symbolen in einer sich verändernden Welt.Umso mehr, als diese Werte sich trotz Globalisierung, trotz schneller Kommunikation, internationalem Wettbewerb und Gedankenaustausch nicht ändern.Die christlichen Werte bilden eine Grundlage.Die tagespolitischen Herausforderungen sind der Alltag.Politiker sind nicht frei von Fehlern, auch sie haben nicht immer nur das Gute im Sinn und folgen stets den höchsten Werten.Daher kann und darf Politik nicht dauernd moralisieren.Diese Aufgabe liegt für mich bei den Kirchen, die sich jedoch heute allzu sehr an tagesaktuellen Dingen abarbeiten.Die Kirchen und ihre Vertreter sind es doch, die eine Orientierung geben können in Zeiten von Umbrüchen und Krisen.Sie müssen sich als moralische Instanz behaupten, Trost spenden und Hoffnung geben, statt Verbote und Belehrungen auszusprechen.Politik kann nur den Rahmen schaffen, letztlich sind es die Menschen, die Verantwortung übernehmen müssen für sich und für ihre Mitmenschen: einzelne Leute in den Parteien, kluge und kantige Köpfe, und einzelne Bürger, die mutig nach vorne treten.Letztlich kann jeder mutig sein, wenn er sich seiner Verantwortung bewusst wird.Wir Politiker sollten dabei mit gutem Beispiel vorangehen.NachwortMeist bin ich als Politiker meiner Intuition gefolgt.Ich habe mich sicherlich auch mal von taktischen Interessen treiben lassen.Persönliche Risiken habe ich dabei aber immer mit in Kauf genommen.Denn Risiken zahlen sich meistens aus.Vor allem: Man verbiegt sich nicht.Überhaupt gibt es viele Situationen, in denen sich Mut und Spontaneität auszeichnen.Etwa als wir in der CDU Mitte der 90er Jahre eine Diskussion hatten über ein neues Rentensystem, das Kurt Biedenkopf damals vorstellte.Entgegen der Mehrheitsmeinung war ich von seinem Vorstoß überzeugt und machte mich öffentlich auch dafür stark.Biedenkopf wollte weg von der umlagenfinanzierten Rente hin zu einer Finanzierung durch die Steuer.Zwei Tage später rief mich der Chef des Bundeskanzleramts an, Friedrich Bohl, sehr nett und freundlich, und bat mich, meine Kritik doch etwas zurückzuhalten.Norbert Blüm und die Bundesregierung sähen das anders, und an das Rententhema zu gehen sei ohnehin nicht gerade populär.Ich erwiderte, dass ich in der Sache zwar anderer Meinung sei, aber ich erklärte mich bereit, keine weiteren Interviews dazu zu geben.Auf dem folgenden kleinen Bundesparteitag der CDU war ich neben Kurt Biedenkopf dann der einzige, der für dieses Modell gesprochen hat, und ich ging mit Pauken und Trompeten unter
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