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.Die Räder hatten keine Ketten und griffen kaum auf der schlüpfrigen Straße, der Wagen schlitterte von einer Seite zur anderen.Dem alten Knudsen hätte das wohlgetan, er wäre zufrieden gewesen mit seinem Abzug aus der Farm.Später geriet ich wegen seines Begräbnisses in Streit mit der Stadtverwaltung von Nairobi, es gab einen hitzigen Kampf, und ich mußte deswegen noch öfter in die Stadt fahren.Das war mein Erbteil von Knudsen, ein letzter Schlag in seinem Namen ins Antlitz des Gesetzes.Nun war ich nicht mehr Madame Knudsen, nun war ich sein Bruder.Ein Flüchtling rastet auf der FarmAn einen Wanderer, der auf die Farm kam, eine Nacht auf ihr schlief und davonzog, um nie wiederzukehren, habe ich seither von Zeit zu Zeit wieder denken müssen.Sein Name war Emmanuelson, er war ein Schwede und hatte, als ich ihn kennenlernte, die Stellung eines maître d’hôtel im Norfolkhotel in Nairobi.Er war ein dicklicher junger Mann mit rotem, aufgeplustertem Gesicht und hatte die Gewohnheit, wenn ich im Hotel eine Mahlzeit einnahm, neben meinem Stuhl zu stehen und mir mit sehr salbungsvoller Stimme von unserer Heimat und unseren dortigen gemeinsamen Bekannten zu erzählen; er war von unablässiger Gesprächigkeit, so daß ich nach einiger Zeit ins Stanleyhotel hinüberwechselte – damals das einzige zweite Hotel am Ort.Ich hörte dann nur noch gelegentlich etwas von Emmanuelson; er schien ein besonderes Talent für Mißgeschicke zu haben und in seinem Geschmack und seiner Vorstellung von den Annehmlichkeiten des Lebens so ganz vom Üblichen abzuweichen, daß er bei den übrigen Skandinaviern im Lande unbeliebt war.Eines Nachmittags erschien er plötzlich sehr erregt und verstört auf der Farm und bat mich um ein Darlehen, er müsse sofort nach Tanganjika, sonst würde er wahrscheinlich eingesperrt werden.Ob meine Gabe zu spät kam, ob er sie für andere Zwecke verausgabte – jedenfalls hörte ich kurz darauf, Emmanuelson sitze in Nairobi im Gefängnis.Eines Abends, als ich spät von einem Ritt heimkam – die Sterne standen schon am Himmel –, sah ich auf dem steinernen Vorplatz vor meinem Haus einen Mann wartend stehen.Es war Emmanuelson; er meldete sich in munterem Tone selber an: »Ein Landstreicher ist da, Frau Baronin.« Ich fragte ihn, wie es komme, daß er da vor meinem Haus stehe, und er sagte, er habe seinen Weg verfehlt und sei hier gelandet.Seinen Weg wohin? Nach Tanganjika.– Das konnte unmöglich wahr sein, die Straße nach Tanganjika war eine große Chaussee, die nicht zu verfehlen war, der Weg zu meiner Farm zweigte von ihr ab.Wie er denn nach Tanganjika gelangen wolle, fragte ich ihn.Zu Fuß, war die Antwort.Das sei doch ganz unmöglich, wandte ich ein, das hieße drei Tage lang ohne Wasser durchs Massaireservat marschieren, wo die Löwen gerade jetzt so frech seien, die Massai seien heute erst dagewesen und hätten sich beklagt und mich gebeten, einen abzuschießen.Ja, ja, das wußte Emmanuelson alles, aber er wollte trotzdem zu Fuß nach Tanganjika.Denn er wisse nicht, was er sonst tun solle.Er habe nur gemeint, da er sich nun verlaufen habe, ob er mir vielleicht beim Abendbrot Gesellschaft leisten und auf der Farm übernachten und morgen früh erst aufbrechen könnte.Ich war bei dem Gespräch auf meinem Pferde sitzen geblieben, um ihm zu bedeuten, daß er nicht ein Gast des Hauses sei, denn ich hatte keine Lust, mit ihm zu Abend zu essen.Aber als er so sprach, merkte ich, daß er auch nicht erwartete, eingeladen zu werden, er glaubte nicht an meine Gastfreundschaft und nicht an seine Macht, mich zu überreden, er stand da, vereinsamt im Dunkeln vor meinem Hause, ein Mensch, der niemandes Freund war.Mit seinem herzhaften Ton wollte er nicht sich aufhelfen, denn er war darüber hinaus, sondern mir – wenn ich ihn wegschickte, war das nicht weiter unfreundlich, sondern ganz in Ordnung.Das war die Höflichkeit eines gehetzten Wildes.Ich rief meinem Sais, das Pferd zu besorgen, und stieg ab.»Treten Sie ein, Emmanuelson«, sagte ich, »Sie können hier essen und über Nacht bleiben.«Im Schein der Lampe bot Emmanuelson ein trauriges Bild.Er trug einen langen schwarzen Überrock, wie ihn in Afrika kein Mensch trägt, sein Kinn war unrasiert und sein Haar nicht geschnitten, seine alten Schuhe waren an den Zehen aufgeplatzt.Irgendwelche Habseligkeiten nahm er nicht mit nach Tanganjika, seine Hände waren leer.Anscheinend fiel mir die Rolle des Hohenpriesters zu, der dem Herrn den Widder lebend weiht und ihn in die Wüste jagt.Ich hatte das Gefühl, daß hier ein Glas Wein not tat.Berkeley Cole, der das Haus gewöhnlich mit Wein versorgte, hatte mir vor einiger Zeit einen sehr seltenen Burgunder geschickt, und ich ließ Juma eine Flasche davon aufkorken.Als wir bei Tisch saßen und Emmanuelsons Glas gefüllt war, trank er es halb leer, hielt es gegen das Licht und blickte lange hindurch, wie ein Mensch, der aufmerksam einem Musikstück lauscht.»Groß«, sagte er, »ganz groß.Das ist ein 1906er Chambertin.« So war es, und das flößte mir Achtung für Emmanuelson ein.Sonst sprach er anfangs nicht viel, und ich wußte nicht, worüber ich mit ihm sprechen sollte.Ich fragte ihn, wie es komme, daß es ihm so gar nicht gelungen sei, Arbeit zu finden.Er erwiderte, das komme daher, weil er nichts von all den Dingen verstehe, mit denen die Leute sich hier beschäftigen.Im Hotel sei er entlassen worden, und übrigens sei er auch nicht maître d’hôtel von Beruf.»Verstehen Sie etwas von Buchführung?« fragte ich ihn.»Nein, nicht das geringste«, sagte er, »ich habe es immer sehr schwierig gefunden, zwei Zahlen zusammenzuzählen.«»Verstehen Sie etwas von Vieh?« fuhr ich fort.»Von Kühen?« fragte er.»O nein.Ich habe Angst vor Kühen.«»Können Sie vielleicht einen Traktor fahren?« fragte ich.Ein Schimmer von Hoffnung erhellte sein Gesicht.»Nein«, sagte er, »aber das könnte ich, glaub ich, lernen.«»Aber nicht auf meinem Traktor«, sagte ich.»Doch sagen Sie mir, Emmanuelson, was haben Sie denn in Ihrem Leben getrieben? Was sind Sie?« Emmanuelson richtete sich empor.»Was ich bin?« rief er aus.»Oh, ich bin Schauspieler.«Gott sei Dank, dachte ich, es liegt also absolut nicht in meiner Macht, diesem verwahrlosten Mann auf irgendeine praktische Art zu helfen, jetzt ist es Zeit für ein menschliches Gespräch.»Schauspieler sind Sie?« sagte ich.»Das ist ein schöner Beruf.Und welches waren Ihre Lieblingsrollen, als Sie auf der Bühne waren?«»Oh, ich bin ein tragischer Schauspieler«, sagte Emmanuelson, »meine Lieblingsrollen waren der Armand in der ›Kameliendame‹ und der Oswald in den ›Gespenstern‹.«Wir sprachen eine Weile von diesen Stücken und von den verschiedenen Schauspielern, die wir in ihnen gesehen hatten, und wie sie nach unserer Ansicht gespielt werden müßten.Emmanuelson sah sich im Zimmer um.»Sie haben nicht zufällig«, fragte er, »Ibsens Dramen hier? Dann könnten wir die letzte Szene aus den ›Gespenstern‹ zusammen spielen, wenn es Ihnen nichts ausmachen würde, die Frau Alving zu übernehmen?«Ich besaß Ibsens Dramen nicht.»Aber vielleicht kennen Sie es auswendig?« sagte Emmanuelson, der sich für den Plan erwärmte.»Ich habe den Oswald von Anfang bis zum Ende im Kopf.– Diese letzte Szene ist die beste.Das ist wahrhaftig tragisch, wissen Sie, das ist nicht zu überbieten.«Die Sterne funkelten draußen, die Nacht war schön und warm, es war kurz vor Beginn der großen Regenzeit [ Pobierz całość w formacie PDF ]