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.Einige von ihnen können diese Störung überwinden, andere nicht.Und wenn ihr sie fragt, warum sie nicht essen, antworten sie: ›Weil ich zu dick bin!‹ Ihr ganzer Körper schreit verzweifelt nach Nahrung, aber sie sind so unerbittlich zu sich selbst, dass sie am Ende nicht einmal mehr die Kraft haben, sich zu bewegen.Der selbstquälerische Wille, die idealen Körpermaße zu erreichen, hat sie schwer krank gemacht und einen lebenswichtigen Instinkt blockiert, den wir auf natürlichem Wege gar nicht unterdrücken können, nämlich den, uns zu ernähren.Würden diese Mädchen einem Naturvolk angehören, in dem die Schönheitsvorstellungen gesünder sind, würden sie nicht krank werden.Aber sie leben in der modernen Gesellschaft, die nicht nur eine selbstzerstörerische Magerkeit idealisiert, sondern auch unnatürlich ebenmäßige Gesichtszüge und einen normierten Brust- und Taillenumfang, was dazu führt, dass die Mehrheit der Frauen diskriminiert wird, weil sie dieser Kunstfigur nicht entspricht.Und das Schlimmste ist, dass das alles unterschwellig abläuft.Ich will nicht abstreiten, dass manche Essstörungen auch auf Stoffwechselerkrankungen zurückzuführen sind, aber der gesellschaftliche Einfluss ist nicht zu verleugnen und unverzeihlich.Weltweit leiden inzwischen fünfzig Millionen Menschen unter Magersucht – eine Zahl, die sich jener der Toten im Zweiten Weltkrieg annähert.«Nun verlor der Meister seine Nüchternheit und wechselte den Tonfall.Er kletterte auf einen Sessel, der neben ihm stand, und brüllte wie ein Psychotiker: »Das Gesellschaftssystem ist äußerst schlau, denn es schreit, wenn es schweigen, undes schweigt, wenn es schreien sollte.Nichts gegen Laufstegschönheiten und intelligente, kreative Modeschöpfer, aber das System hat vergessen, herauszuschreien, dass Schönheit nicht normiert werden kann.«Der exzentrische Mann, der seine Ideen derart hinausposaunte, lockte noch mehr Publikum an, und so blieben auch einige internationale Models und weltberühmte Designer stehen, um ihm zuzuhören.Sicher wehrten sich hie und da schon Menschen gegen die genannte Diskriminierung, aber ihr Kampf war angesichts der Ungeheuerlichkeiten des Systems noch ziemlich sacht.Der Traumhändler jedoch war nicht zurückhaltend und geduldig, sondern zeigte seine Irritation und Auflehnung.Er war jetzt sehr erregt und bediente sich erneut der sokratischen Methode, um seine Zuhörer durch Fragen zur Einsicht zu bringen: »Wo bleiben bei den Modenschauen die Dickerchen? Wo bleiben die jungen Frauen ohne Idealfigur? Wo bleiben diejenigen mit großer Nase? Warum verstecken sich die Frauen mit Reiterhosen oder Dehnungsstreifen? Sind sie etwa keine Menschen? Sind sie etwa nicht schön? Ist diese gesellschaftlich akzeptierte Diskriminierung nicht eine Vergewaltigung ihrer Person und ebenso gewalttätig wie der Rassismus? Warum unterhöhlt die Modewelt, deren Aufgabe es sein sollte, das Wohlbefinden zu steigern, das weibliche Selbstwertgefühl?«Die vehemente Kritik führte dazu, dass mich das System langsam anekelte.Doch gerade als der Meister uns wirklich nachdenklich gemacht hatte, schaffte es Bartholomäus wieder einmal, den total falschen Ton anzuschlagen.Mit der größten Unverschämtheit gab er vor, dem Meister beizupflichten, und rief: »Bin ganz deiner Meinung, Chef! Aber ich diskriminiere keine Frauen! Im Gegenteil – mit was für Vogelscheuchen ich schon zusammen war!«Das Publikum brach in Gelächter aus, aber uns war es peinlich.Wir blickten unseren unbeherrschten Genossen böse an und bedachten ihn mit einer Bemerkung, die inzwischen schon zu unserem Repertoire gehörte: »Tu doch mal so, als wärst du normal!«Der Traumhändler hatte die Zuhörer in zwei Lager gespalten.Einige standen mit offenem Mund da und waren fasziniert, doch andere hassten ihn für seine Ausführungen bis zur letzten Faser ihrer luxuriösen Kleidung.Die Paparazzi begannen, ein Foto nach dem anderen zu schießen.Sie waren ganz wild darauf, vom Skandal des Jahres zu berichten.Nach der Unterbrechung durch Bartholomäus sagte der Meister nun leise: »Ich bitte alle intelligenten Modeschöpfer inständig, die Frauen zu lieben, und zwar ohne Unterschied, und in ihre psychische Gesundheit zu investieren, indem Sie nicht nur genetische Ausnahmen auf die Laufstege schicken.Auch wenn Sie zunächst Geld verlieren, werden Sie auf lange Sicht unermesslichen Gewinn machen.Verkaufen Sie den Traum, dass jede Frau eine einzigartige Schönheit besitzt.«Einige Zuhörer spendeten Beifall, unter ihnen auch drei Models, die rechts neben mir standen.Später erfuhren wir, welchem psychischen Druck sie ausgesetzt waren.So war die Gefahr, magersüchtig zu werden, für Models zehnmal größer als für Frauen aus der Normalbevölkerung.Sie wurden zu Schönheitsköniginnen gekürt, in einen goldenen Käfig gesteckt und, wenn sie in der Gefangenschaft eingegangen waren, einfach weggeworfen.Ein paar Zuhörer buhten den Meister jedoch aus.Einer von ihnen bewarf ihn mit einer Plastikflasche, die direkt sein Gesicht traf.Die linke Augenbraue platzte auf, und Blut floss ihm übers Gesicht.Daraufhin griffen wir nach seinem Arm und wollten ihn wegziehen, doch er war keiner, der sich einschüchtern ließ.Stattdessen zog er ein altes Taschentuch aus der Tasche, wischte sich das Blut ab und fuhr mit seiner Rede fort.Beeindruckt dachte ich: »Die meisten Leute verbergen ihre wahren Gedanken, um nicht anzuecken.Ich bin stolz darauf, einem Mann zu folgen, der seinen Ideen treu bleibt, auch wenn er angegriffen wird!«Nun machte der Traumhändler einen genialen Vorschlag: »Bis zu siebenundneunzig Prozent aller Frauen finden sich mehr oder weniger hässlich.Deshalb sollte es in jedem Bekleidungsgeschäft und auf jedem Etikett einen Hinweis geben, so, wie auf Zigarettenschachteln vor den Gefahren des Tabakkonsums gewarnt wird: ›Jede Frau ist schön.Schönheit kann nicht normiert werden.‹«Diese Worte wurden anschließend in den Medien besonders hervorgehoben, illustriert mit einem Foto des Meisters vor dem Logo der internationalen Modemarke der Megasoft-Gruppe.Während ich seinen Gedanken folgte, fragte ich mich wieder und wieder, wer dieser Mann sein mochte, der so bahnbrechende Vorschläge machte.Woher hatte er bloß sein Wissen? In Privatgesprächen hatte er uns beispielsweise auch davon erzählt, dass noch ein Jahrhundert, nachdem Abraham Lincoln die Sklaven befreit hatte, Martin Luther King auf den Straßen der großen amerikanischen Städte gegen die Diskriminierung der Schwarzen kämpfen musste.Diskriminierung braucht manchmal nur wenige Sekunden, um hervorzubrechen, aber ihre Beseitigung braucht Jahrhunderte [ Pobierz całość w formacie PDF ]