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.Bald werden wir noch unsere Brennnesselhecke vor dem Hof bewachen müssen, dachte Johannes ironisch, sonst fallen sie auch noch darüber her.Und trotzdem – überlagert wurde der Krieg von den ganz privaten Ereignissen, wie jetzt zum Beispiel seiner ersten Fahrt nach Pforzheim, um die Lehre anzutreten.Es war seine erste Eisenbahnfahrt überhaupt! Früher, als kleiner Junge, war er oft staunend stehen geblieben, wenn der große schwarze Koloss zischend und dampfend an ihm vorbeidonnerte.Die Ahne hatte immer behauptet, es sei ungesund und sogar gefährlich, dem Körper solche Geschwindigkeiten zuzumuten, und gottlos sei es zudem.Aber für die Ahne war alles, was Fortschritt bedeutete, gottlos! »Dem lieben Gott ins Handwerk pfuschen« nannte sie es.Und nun würde er in diesem Ungetüm, dem die Kinder damals den Namen »Schnaufer-Karl« gegeben hatten, nach Pforzheim fahren, einem Ort, der bislang weiter weg war für ihn als der Mond.Mit der Ahne war er als kleiner Junge einmal bis nach Birkenfeld gelaufen, wo eine entfernte Verwandte wohnte, der die Ahne beim Umzug helfen sollte.Die erwartete Entlohnung war sehr karg ausgefallen und zum Abendessen hatte es nur Kartoffeln mit etwas Butter und Salz gegeben.Für Johannes war das damals ein Festessen gewesen, aber die Ahne hatte auf dem langen Nachhauseweg genörgelt und geschimpft.Ein Stück Fleisch habe die Schuster-Base durchaus dazugeben können, schließlich habe man den ganzen Tag gearbeitet, aber knauserig sei die Base schon immer gewesen.Und dann hatte sie Johannes erzählt, gleich hinter Birkenfeld liege Pforzheim, eine riesige Stadt mit riesigen Häusern, die viele Stockwerke hoch waren, und Autos fuhren durch die Straßen, geheimnisvolle Kästen, die ganz ohne Pferde fahren konnten.In unvorstellbarer Geschwindigkeit konnten diese Autos sich bewegen, gottlos war das, gottlos wie die ganze Stadt, die Hure Babylon, wie es schon in der Bibel stehe!Der kleine Johannes hatte am Schluss gar nicht mehr richtig zugehört.War mit seinen kurzen Beinchen benommen vorwärts gestolpert und nach dem stundenlangen Marsch halb tot auf seinen Strohsack in der Stadtmühle gefallen.Wenig später hatte er dann ein solches Auto gesehen, es war das erste im Dorf und wurde dementsprechend ausgiebig bestaunt.Der Herr Sägewerksbesitzer Zinser, neben Alphonse Tournier der reichste Mann im Ort, hatte sich eines gekauft und prompt fuhr einige Wochen später der Herr Fabrikdirektor Tournier ebenfalls in einem solchen Gefährt.Die anderen wohlhabenden Leute konnten sich noch kein Auto leisten, nicht einmal der Louis Dederer.Der meinte, er hege ein grundsätzliches Misstrauen gegen diesen neumodischen Schnickschnack, er ziehe seine Kutsche mit den Braunen vor.Johannes war gespannt auf diese Stadt, vor allem auch auf die großen Warenhäuser, die es dort geben sollte, über mehrere Stockwerke hinweg gab es Verkaufsstände, das war unvorstellbar.Friedrich hatte ihm davon erzählt, er war natürlich schon mehrere Male in Pforzheim gewesen, damals in der guten Zeit.Johannes steckte seine Hände in die Hosentaschen, der morgendliche Wind war doch noch recht kühl.Seine Hände umfassten einige Münzen.Mit einer großen, schweren Münze hatte er vorhin die Fahrkarte gekauft.Am Schalter hatte ihn der Beamte misstrauisch angeschaut und dabei abwechselnd ihn und das Geldstück in seiner Hand betrachtet.Woher hatte einer aus der Stadtmühle so viel Geld? Am liebsten hätte er wohl in die Münze hineingebissen, um zu prüfen, ob sie echt war.Aber schließlich gab er Johannes die Fahrkarte und das Wechselgeld und sein mächtiger Walrossbart hing traurig herab, als sei durch Johannes’ Bahnfahrt irgendwie die Welt aus den Fugen geraten.Die Sache mit der Münze war ein weiteres wichtiges Ereignis gewesen, wichtiger noch als die Bahnfahrt, die nur die Folge dieser großartigen, geradezu unerhörten Begebenheit war.Das Geldstück hatte ihm nämlich der Herr Oberlehrer Caspar in die Hand gedrückt, eine Woche bevor die Osterferien begonnen hatten und die Schulzeit für Friedrich und Johannes unwiderruflich zu Ende gewesen war.Schon lange vorher hatten sie überlegt und beraten, was sie tun konnten.Eine Lehre kam nicht in Frage, wie sollten sie das Lehrgeld aufbringen, wovon sollten sie leben? Es blieb nur eine Beschäftigung als ungelernter Arbeiter, das hieß Wald oder Sägewerk.Mehr als einmal war der Blick des Freundes verstohlen an Johannes herabgeglitten und der hatte genau gewusst, was Friedrich dachte.Wie sollte er, der Hänfling, das »Männle«, wie ihn der alte Mühlbeck nannte, eine körperlich so schwere Arbeit bewältigen? Das bedeutete, dass man zum Tournier gehen musste, Granatzünder zusammenbauen wie Lene und Guste.Friedrich hatte das für seine Person entschieden abgelehnt.Aus irgendeinem Grund, der Johannes verborgen blieb, wollte er zum alten Dederer ins Sägewerk! Allerdings stellten die Sägewerksbesitzer noch Leute ein, das Geschäft ging gut, denn man brauchte Stollenbretter für die Kohlegruben und Dielen für die Schützengräben.An einem Aprilsonntag dann hatte ihn Caspar zu sich einbestellt!Er war zuvor schon einige Male nach diesem denkwürdigen ersten Besuch bei ihm gewesen, immer im Schutz der Dunkelheit, denn offenbar wollte Caspar nicht, dass dieser Kontakt bekannt wurde.Nur Friedrich hatte davon gewusst, der ihn begleitete, auf ihn wartete und auf dem Nachhauseweg immer wieder mit misstrauisch gerunzelter Stirn fragte: »Was will er denn bloß von dir?« Das hätte Johannes so genau gar nicht sagen können.Immerhin hatte er die Genugtuung, seine Taugenichtsbilder schön gerahmt in der so genannten Stube hängen zu sehen, einem kleinen Raum, in dem sich eine Nähmaschine und ein Stickrahmen befanden und in dem sich vornehmlich Frau Caspar aufhielt
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