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.Mit meiner Übergabe sollte nicht ein schlechtes Gewissen beruhigt werden, ich sollte Freude bringen.Und Sylvia freute sich riesig.Gern dachte ich an den Augenblick, in dem sie mich an ihren Busen preßte.Ich hatte eine ziemlich lange Liebespause gemacht und die Zärtlichkeit eines Menschen tat mir wieder wohl.So ein weiches Plätzchen würde ich so schnell nicht wieder finden.Den jungen Mann belohnte sie mit strahlenden, vielversprechenden Blicken.Später verleibte sie mich einem Stab von Mitarbeitern ein, die allesamt dazu da waren, Sylvias private wie berufliche Bemühungen effektvoll zu unterstützen.Hier wurde ich nicht zum Schoßhund degradiert, sondern erhielt einen Sonderauftrag, der darin bestand, die wenigen Blicke, die an Sylvia abglitten, aufzufangen und sie erneut auf sie zu lenken.Zu diesem Zweck stattete man mich vor jedem Spaziergang mit einer wahnsinnig teuren Leine aus.Sie war hell-lila und paßte wunderbar zu meinem schwarz-braun gemaserten Fell.Eine Menge glitzernder Steine zierte das Halsband, eine dauernd baumelnde Quaste, an die ich mich bis zum letzten Tag nicht gewöhnen konnte, störte mich entsetzlich.Im Kopfhaar trug ich eine zartlila Schleife aus Samt.Ich war zwar immer gegen solchen Tand gewesen, aber in diesem Falle nahm ich ihn hin, weil man ihn mir nicht anlegte, nur um mich zu schmücken, sondern um ein bestimmtes Ziel damit zu erreichen.Das war ganz etwas anderes.Es handelte sich dabei quasi um meine Dienstkleidung, so konnte ich den Firlefanz akzeptieren.Gelernt hatte ich bei Sylvia nicht allzuviel, höchstens, daß der Erfolg eines Menschen oft nicht von seinem Wert sondern von seiner Verpackung bestimmt wird.Allerdings entwickelte sich während dieser Zeit mein Selbstbewußtsein so erfreulich, daß ich mir in keiner Minute während meiner Anwesenheit in dem schönen Haus Sorgen um meine Zukunft machte.Ich würde sie schon irgendwie meistern, davon war ich überzeugt.Ich hatte Erfolg, denn ich erfüllte meine Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit meiner kurvigen Herrin.Es gab nicht einen, der sich auf der Straße, wenn ich mit Sylvia spazierenging, nicht nach mir umdrehte, und die Blicke, die mich musterten, weiteten sich, sobald sie dann auf mein Frauchen fielen, in offener Bewunderung.Es war ein faules Leben, das ich führte, faul aber sauber, denn noch nie zuvor hatten sich so viele fürsorgliche Hände mit meinem Äußeren beschäftigt.Abends langweilte ich mich meist zu Tode.Da gab es nämlich bei uns Partys, solche blöden Veranstaltungen, wo sich die Gäste an den Gläsern festhielten, damit sie, vom langen Herumstehen müde, nicht umkippten.Sylvia mußte das tun, erstens um im Gerede und zweitens im Geschäft zu bleiben.Ihr Manager ermahnte sie oft genug.Unsere Trennung wurde in diesem Fall nicht von mir bestimmt.Diesmal zog es Sylvia in die Ferne, und wenn ich bisher alle die hatte sitzenlassen, die mir für ein Weilchen Liebe und Heim geboten hatten, diesmal war ich der Dumme.Ja, so ging das in meinem Leben.Das ist die ausgleichende Gerechtigkeit, würde Großmutter Rosenstock dazu gesagt haben, aber daran glaubte ich nicht, sonst müßten viel mehr große Hunde gebissen werden, weil sie es doch meistens sind, die Bisse austeilen.An die Zeit im Hundeasyl wollte ich mich nicht erinnern, sie war gar zu traurig, und an Anja, meine heißgeliebte Retterin, konnte ich nicht denken, ohne mir der Traurigkeit meiner jetzigen Lage bewußt zu werden.Auch war es mir fast nicht mehr möglich, meine Gedanken zu sammeln.Ich war müde, entsetzlich müde.Mochte kommen was da wollte, jetzt, da ich meine Vergangenheit bewältigt hatte, gab es nichts mehr, worin meine Gedanken hätten wühlen können, außer in der Zukunft, und die war mir zu ungewiß.So schloß ich die Augen und fiel in einen tiefen Schlaf.Als mein linkes Augenlid sich hob und das darunterliegende noch verschlafene Auge wieder den ersten Kontakt mit der Außenwelt aufnahm, blinzelte mich durchs staubige Fenster die Sonne an, und es dauerte gar nicht mehr lange, da kam Leben in den Garten.Ich spürte es mehr, als daß ich es tatsächlich merkte.Es war eigentlich nichts weiter als so ein unbestimmtes Gefühl, das mir sagte: Da draußen ist jemand.Und plötzlich hörte ich auch etwas.War das nicht Anjas Stimme?»Schuuuuuf — teeeeel!« rief die Stimme.Ja, jetzt konnte ich sie verstehen.Sie klang, als sei sie sehr weit entfernt, so ungefähr, als käme sie aus einem Radio, das irgendwo nebenan stand, und das jemand sehr leise eingestellt hatte.Da war von der Verschlafenheit natürlich plötzlich keine Rede mehr.Jetzt war ich an der Reihe.Ich mußte ihr den Weg zu mir weisen.Ich sauste von meinem Nachtquartier an die Tür und kläffte und kläffte und kläffte.Wenig später hörte ich Schritte.Sie kamen näher, noch näher, blieben vor meinem Gefängnis stehen.Und dann sah ich Anjas Gesicht durch die Scheiben hindurch, klein und fleckig, so sah es von innen aus.Sie drückte ihre Nase daran platt wie ein kleines Mädchen an einer Schaufensterscheibe.»Bist du da drin, Schuftel?« fragte sie zaghaft.Da wurde ich wild.Wild vor Sehnsucht nach ihr, wild vor Wut, daß man mich überhaupt hier eingesperrt hatte und wild vor Freude, daß ich jetzt herausgelassen würde.Ich tat alles, was ein kleiner Hund nur tun kann, um sich bemerkbar zu machen.Ich bellte und scharrte und quietschte und winselte.»Sei jetzt schön ruhig, Anja holt dich gleich«, hörte ich ihre vertraute Stimme sagen, dann ging sie wieder weg.Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern, Anja hatte es mir versprochen.Gleich würde ich auch das Extraleckerchen von ihr kriegen, das sie mir gestern in Aussicht gestellt hatte.Zum Glück hatte ich in all den verflossenen Stunden nicht daran gedacht, sonst wäre mir bestimmt das Wasser im Maul zusammengelaufen.Jetzt würde alles wieder wunderbar sein.Ich freute mich darauf, mich im Gras zu wälzen, auf den ersten Spaziergang mit Anja freute ich mich, auf die erste anständige Mahlzeit, die sie mir wieder bereiten würde, auf alles, alles.Das Leben war doch schön.Jetzt war alles nur noch halb so schlimm.Anja würde mich retten, zum zweitenmal würde sie mich aus einem Gefängnis befreien.War das nicht ein Grund, glücklich und zufrieden zu sein und alle Unbill dieser Welt zu vergessen? Zwar hatte ich die ganze lange Nacht gewartet, diese letzten Minuten aber zogen sich unerträglich in die Länge.Jetzt war ich ungeduldig und wollte endlich hinaus.Plötzlich ging alles sehr schnell.Anja kam wieder zurück, allerdings nicht allein.Gab es in diesem Hause jemand, dem sie ihre Entdeckung anvertrauen konnte? Es rüttelte an der Tür und eine Männerstimme stellte fest:»Abgeschlossen.«»Was jetzt?« Anja schien verzweifelt.Ich hörte, wie die Schritte der beiden um das Häuschen tapsten und wieder vor der Tür haltmachten.Anja rief mir von außen zu:»Geh von der Tür weg, Schuftel, geh weg«, und dann krachte es fürchterlich, kaum daß ich ein paar Schritte zurückgetreten war
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