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.»Ich kann nicht glauben, dass du mich blamiert hast«, sagte Richard vorwurfsvoll.Er schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte.»Ist dir klar, was du damit angerichtet hast? Mich so bloßzustellen …«Ich konnte es kaum fassen, aber Richard sackte regelrecht in sich zusammen und jammerte sich zu einem echten Richard-Depri-Anfall hoch, mit dem ich nicht gerechnet hatte und den ich auch so nicht wollte.Winzige Tränen sammelten sich in seinen Augen und zogen linienartige Gräben in den Gesichtsquark, der nach und nach auf seinen Kimono tropfte.»O Rich, das wollte ich nicht«, versuchte ich mich von der Schuld freizusprechen.»Ich … ich … ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist.« Hilfesuchend schaute ich mich nach Taschentüchern um, fand aber nur Küchenrolle.Ich riss ein Blatt ab und reichte es ihm.Er griff danach und schnäuzte sich.Dann bemerkte er die zauberhaften Feen, die in bunter Vielfalt auf das saugstarke Tuch gedruckt waren.»Siehst du die da?«, fragte er und tippte auf eine im mintgrünen Twistkleidchen.Ich rutschte näher an ihn heran und nickte.»So eins in der Art wollte ich zum Abschlussfasching im Kindergarten tragen.Aber mein Vater verbot es mir und zog stattdessen seinen Gürtel aus der Hose, um mir damit den Kleidchenwunsch aus dem Hirn zu prügeln.«Ich schluckte.»Hatte er Erfolg?«, fragte ich entsetzt von seiner Geschichte.»Einige Jahre schon.Doch eines Tages schlich ich mich heimlich in die Umkleidekabine der örtlichen Ballettschule und klaute eines dieser Prima-Ballerina-Kleidchen.« Er schnäuzte sich erneut.»Zartrosa war es, mit jeder Menge aufgebauschtem Tüll.«Ich musterte ihn skeptisch von der Seite.»Und? Hast du es je getragen?«»O ja! Und ob ich das habe! Immer wenn mein Vater weg war, habe ich es aus dem Versteck geholt, angezogen und bin damit durchs Haus getanzt.« Seine Augen funkelten, während ein Hauch von Fröhlichkeit in sein Gesicht zurückkehrte.»Und dann habe ich mir Flügel gebastelt, ähnlich denen der Fee auf diesem Tuch, und gehofft, davonfliegen zu können.«Ich blickte zur Uhr.»Du, Rich?«»Ja?«»Bist du noch da, wenn ich von der Arbeit komme?«»Wozu?«»Um mir deine Geschichte später weiterzuerzählen.Und um mein Entschuldigungs-Abendmahl anzunehmen.Ich bin eine schlechte beste Freundin, verzeih mir.«»Du zahlst?«»Nur, wenn du bleibst.«»Okay.Aber nur noch diese eine Nacht.Erstens bekommt mir euer Sofa nicht, und zweitens verliere ich sonst meinen Job.«Brömme ließ seinen Kaffeelöffel fallen, als er mich sah.Mein Haar war aufgestylt, und Richard hatte mir, nachdem er mich mit Allwetterhaarspray eingenebelt hatte, ein dezentes Make-up verpasst.Ich sah irgendwie befremdlich aus.Dennoch gefiel mir, wie ich aussah.»Wie ich sehe, waren Sie beim Friseur, Frau Waldmann«, empfing mich Brömme.»Ich hatte ja keine Wahl«, erwiderte ich keck.»Eine Wahl hat man immer, Frau Waldmann.Sie müssen Ihrem Haar übrigens nicht nachtrauern, wenn ich das mal so sagen darf.« Dabei versuchte er zu schmunzeln.Ich konnte es kaum fassen.Brömme zeigte menschliche Züge.Nein! Männliche.Und dieser neue Brömme machte mir weitaus mehr Angst als der Alte.»Schön, wenn Ihnen meine Frisur gefällt«, schmalzte ich zurück und verschwand in der Umkleidekabine des Schiffes.Antonio saß auf der kleinen Holzbank vor den Spinden und schnürte seinen Schuh.Als er mich sah, grinste er.»Was?«, fuhr ich ihn an.»Ach nichts.«Genau diese Art von Antworten hasste ich.Anstatt gar nichts zu sagen, kam er mir mit diesem Appetithäppchen von einer Auskunft.»Sag es einfach, oder hör auf zu grinsen.«»Was sagen?«Ich winkte ab.»Vergiss es!« Dabei dachte ich, dass nur Frauen sich blöd stellen können.Aber Antonio übertraf selbst Richard noch.Und der war ein wahrer Meister im zeitweiligen Drosseln seines Denkorgans.Nicht umsonst hatte Joe alle Wäschestücke jahrelang alleine gebügelt.Wahrscheinlich glaubte er immer noch, dass Richard unter einer Brenneisenphobie litt.Hatte er sich niemals gefragt, wie die hübschen Bühnen-Löckchen ins Haar kamen, die Richard so wundervoll zaubern konnte? Die Tür sprang auf, und Ortrud polterte mit Claudia im Schlepp hinein.»Mach hin, wir sind spät dran«, sagte Ortrud im Befehlston.Ich musterte sie, während ich in meine Uniform schlüpfte.Antonio hatte sich unterdessen mit einer Handvoll Parfümproben aufs Klo zurückgezogen.Claudia hämmerte an die Toilettentür.»Hör auf, die Luft zu verpesten.«»Das ist Joop, das kann die Luft nicht verpesten.«»Mir wird aber übel davon.«»Dann solltest du weniger Prosecco mit Frauen abgeneigten Typen schlabbern.«Ortrud knallte die Tür vom Spind zu.»Hört auf! Alle beide!«Ich hatte die Befürchtung, dass ich der Auslöser ihrer schlechten Laune war, und zog es vor, nicht nach dem Grund zu fragen.Auch hatte ich wenig Lust, Antonio über sexuelle Ausrichtungen aufzuklären.Sollte er doch weiterhin in seinem moralisch-untadeligen Heiligtum verweilen, bis ihm eines Tages seine Enkelsöhne im BH und mit Lockenwicklern den Po abwischen würden.Mit einer korrekt sitzenden Kopfbedeckung und einem Schmunzeln im Gesicht ging ich an die Arbeit.Der Gedanke an Antonios erstarrtes runzeliges Gesicht war einfach zu köstlich.Achtunddreißig Personen standen auf der Liste der Trauergäste.Ich blätterte mich durch die Unterlagen der Bestattungszeremonie.Eine halbstündige Ansprache, mit Segen des Pfarrers? Alfred Zapf hatte eine spendierfreudige Familie.Ich beäugte sein Foto, das in Schwarzweiß der Akte beigefügt war.Freundlich lächelte er mir entgegen, obwohl er eine Kriegsuniform trug.Seine Mütze hatte er leger nach hinten geschoben.Aufgestützt auf seiner Waffe, posierte er mit einem zotteligen Hütehund vor einem Eiswagen.Er schien ein mutiger Mensch gewesen zu sein.Brömme klapperte hinterm Getränketresen herum.»Dreiundzwanzig Sprudel dürften vorerst reichen«, murmelte er in sich hinein.»Sie haben schon aufgefüllt?«, fragte ich zuvorkommend, in der Hoffnung, mein Arbeitseifer würde mich schnell auf die gefestigten Lohnabrechnungen katapultieren.Vorerst jedoch brachte er mir nur einen Weg ins Getränkelager ein.Nachdem ich alles aufgefüllt hatte, wurde es hektisch an Bord.Antonio stellte fest, dass Alfred Zapf nicht in der bestellten Urne ruhte.Irgendwer musste dieses Detail verwechselt haben.Gerade als Brömme mit der Richtigen angelaufen kam, um den Verstorbenen umzufüllen, dröhnte die Empfangstrompete, was nichts anderes bedeutete als: zu spät.Antonio, der die Urne bereits aufgedreht hatte, huschte zur Seite, um sich bei uns einzureihen.Brömme versteckte die richtige und aschelose Urne hinter seinem Rücken, währenddessen er die Hinterbliebenen willkommen hieß.Der Pfarrer nickte ihm zu und stellte sich ans Kopfende des Tisches.Dann wedelte er mit einem Räucherstäbchen herum und nuschelte das Vaterunser.Ich hielt die Luft an und spürte, wie der vorletzte Knopf meiner Bluse sich gegen die anatomische Ausbreitung des Brustgewebes stemmte.Ein tapferer kleiner Kerl, dieser Knopf.Blieb zu hoffen, dass die Hersteller ihn ordentlich angenäht hatten.Ganze zehn Minuten waren verstrichen, und das Räucherritual des Geistlichen nahm kein Ende.Unterdessen war die Friedhild schon in See gestochen und nahm Kurs auf die übliche Urnen-Abwurfstelle [ Pobierz całość w formacie PDF ]