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.Auf jeden Fall, dort, wo sie echt war, ihre Lebenseinstellung.Aber er wußte, daß ein einziger angesehener Bürger aus dem Mittelstand mehr für seine Ziele erreichen konnte als ein Dutzend begeisterter Hippies.Weil er den nötigen Einfluß besaß.Und gerade diese Leute rannten regelmäßig davon, wenn sie Polizei auftauchen sahen.Fürchteten sie, als Revolutionäre zu gelten?Sie traten trotzdem in eine sachliche Diskussion über Protestmaßnahmen ein.Schließlich einigte man sich auf die Anmeldung eines Protestmarsches über die Zufahrtstraßen des Hafens, zwei Stunden nach der Eröffnung.Die Kundgebung wäre nach rund vier Stunden relativ friedlich ausgegangen, hätte nicht ein Jugendlicher aus dem gewalttätigsten Teil der Gruppe ihm zugerufen: »Was hältst du davon, allen Piloten, die morgen starten, eine Bombe unter den Arsch zu legen?«Davon halte er gar nichts, entgegnete er so sanft wie möglich.Aber seine ganze aggressive Rede sei doch eine einzige Aufforderung dazu gewesen.Jason runzelte verständnislos die Stirn und versuchte den Rufer näher zu identifizieren: ein schlaksiger Schlägertyp in brüchiger Lederjoppe mit einem Pseudo-Eisernen-Kreuz um den behaarten Hals.Sein demonstratives Resignieren.Seine unterschwellige Verzweiflung über die Ohnmacht gewaltloser Proteste – das alles sei doch eine eindeutige Ermutigung gewesen, endlich Nägel mit Köpfen zu machen.»Ich versteh' dich nicht, Mann! Erst hetzt du uns auf, dann machst du einen ganz, ganz fiesen Rückzieher!«»Ich glaube, da ist einiges mißverstanden worden«, wandte er ein.»Von uns nicht!« Jetzt antwortete bereits eine ganze Gruppe im Chor – Rocker offenbar.Beunruhigt blickte Jason zu dem Polizeiaufgebot hinüber – das zeigte unbewegliche Gesichter.Weniger unbeweglich waren die vorderen Zuhörerreihen.Man erhob sich und versuchte, davonzukommen.Ein bedrückender Abschluß nach all dem geistigen Aufwand, den er getrieben hatte! »Du kneifst ganz schön, Taschenzwerg!«Er steckte auch das ein.»Wir werden dein Angebot wohlwollend prüfen!« rief jetzt ein anderer.Er habe bisher kein Angebot gemacht, aber jetzt bitte er sie, den Saal zu verlassen!Überraschenderweise erhoben sie sich, polternd zwar; aber sie gingen.Mit ihnen alle übrigen Zuhörer.Irgendwo blieb ein Satz hängen, als werde er von Mund zu Mund weitergegeben: Eine Bombe für die verdammten Schweine, das sei die richtige Antwort!Verwirrt blieb Dr.Jason zurück.11Rut saß vor ihrem zweiten Glas 73er ›Mainzer Domherr Kabinett‹.Sie liebte es, zu dieser Tageszeit irgendwo zu entspannen, leisurely, während sie Herrn Otto Normalverbraucher gähnend, mißgelaunt, an seiner Montagsproduktion herummurksen sah.Die Dienstags- oder Freitagsproduktion würde nicht anders aussehen bei der Arbeitsmoral der Deutschen.Sie lachte laut auf.Sie blickte über den Rhein: Erlen – ziemlich mickerig, befand sie – schützten das Ufer gegen den Lärm der Bundesstraße.Möwen übten in Scharen Abschwünge und Immelmanns: Irgendwo flossen Abwässer in den Fluß, die die Aasjäger anzogen.Sie war rundherum glücklich.Sie war völlig absichtslos.Sie wußte noch nicht, ob sie zurück, ob sie weiterfahren oder hier ein Zimmer mieten würde.Sie war gegen jede konventionelle Ordnung, besonders gegen die Christiansche.Plötzlich spürte sie wieder die alte Lust, noch vier, sechs, sieben Gläser zu süffeln und dann, in a blue mood, mit dem ersten besten Mann ins Bett zu gehen.Morgens um zehn.Im ersten besten Hotel, während die Stubenmädchen gerade dabei waren, die Bettwäsche der letzten Nacht zu wechseln, Staubsauger anstellten, Transistorradios scheppern ließen, mit jener pseudo-optimistischen Frühmusik für die frühwache Hausfrau, die sie so haßte.Sie strich über den rohen Holztisch.Die Wirtin – vielleicht mußte sie die rückwärtige Stallkuh melken? – war endgültig entschwunden, hatte ihr aber die bauchige Literflasche auf der Theke zurückgelassen: Rut bediente sich gern und gekonnt.Melkte man morgens um zehn Kühe? Oder vielleicht war die alte Dame gar nicht so konventionell, wie sie aussah? Was wußte man vom Landleben der einfachen Bevölkerung? Vielleicht hatte sie mit dem attraktiv nach Jauche duftenden Stallknecht ein date im Heu? Hob gerade jetzt die Röcke, morgens um zehn.Rut versuchte, ihre abschweifenden Augen auf den Fluß zu fokussieren.Hinter ihrer Schädeldecke aber machten sich bereits wieder Phantasien breit, die sie so oft, immer erst hinterher, als fatal bezeichnet hatte.Sie holte sich von der Theke die Flasche, schenkte sich großzügig bis zum Rand ein und ließ die Flasche gleich auf dem Tisch stehen.Das Lokal war niedrig, die Decke aus Holz, dessen Schichten sich an einigen Stellen wölbten wie Dachpappe im Regen.Auf allen Tischen standen benutzte Kerzen, schief, triefend, heruntergebrannt, zum Teil verstaubt.Der Tisch neben ihr hatte als einziger ein kariertes Tischtuch aufzuweisen; sie haßte Tischtücher, man mußte sie viel zu häufig waschen
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